Unterredung mit Roon und Moltke. Die Emser Depesche. 87
gegenüber. Man hat mir erzählt, daß die Königin Augusta ihren
Gemal vor seiner Abreise von Ems nach Berlin in Thränen be-
schworen habe, den Krieg zu verhüten im Andenken an Jena und
Tilsit. Ich halte die Angabe für glaubwürdig bis auf die Thränen.
Zum Rücktritt entschlossen trotz der Vorwürfe, die mir Roon
darüber machte, lud ich ihn und Moltke zum 13. ein, mit mir zu
Drei zu speisen, und theilte ihnen bei Tische meine An= und Ab-
sichten mit. Beide waren sehr niedergeschlagen und machten mir
indirect Vorwürfe, daß ich die im Vergleiche mit ihnen größere
Leichtigkeit des Rückzuges aus dem Dienste egoistisch benutzte. Ich
vertrat die Meinung, daß ich mein Ehrgefühl nicht der Politik opfern
könne, daß sie Beide als Berufssoldaten wegen der Unfreiheit ihrer
Entschließung nicht dieselben Gesichtspunkte zu nehmen brauchten
wie ein verantwortlicher auswärtiger Minister. Während der Unter-
haltung wurde mir gemeldet, daß ein Ziffertelegramm, wenn ich
mich recht erinnere, von ungefähr 200 Gruppen, aus Ems, von dem
Geheimrath Abeken unterzeichnet, in der Uebersetzung begriffen
sei. Nachdem mir die Entzifferung überbracht war, welche ergab,
daß Abeken das Telegramm auf Befehl Sr. Majestät redigirt
und unterzeichnet hatte, las ich dasselbe meinen Gästen vor ½), deren
1) Die am 13. Juli 1870 39 50 Nachm. in Ems aufgegebene, 65 gLo
in Berlin eingetroffene Depesche lautete in der Entzifferung:
„Se. Mjestät schreibt mir: „Graf Benedetti fing mich auf der Prome-
nade ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte
ihn autorisiren, sofort zu telegraphiren, daß ich für alle Zukunft mich ver-
pflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern
auf ihre Candidatur zurückkämen. Ich wies ihn zuletzt etwas ernst zurück, da
man à tout jamais dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne.
Natürlich sagte ich ihm, daß ich noch nichts erhalten hätte und, da er über
Paris und Madrid früher benachrichtigt sei als ich, er wohl einsähe, daß mein
Gouvernement wiederum außer Spiel sei.“ Seine Majestät hat seitdem ein
Schreiben des Fürsten bekommen. Da Seine Majestät dem Grafen Benedetti
gesagt, daß er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchstderselbe, mit Rück-
sicht auf die obige Zumuthung, auf des Grafen Eulenburg und meinen Vor-
trag beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm