Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

Verstimmung der „Halbgötter“. Ressortrivalitäten. 95 
dessen unfreiwilliger Ohrenzeuge ich dadurch wurde, daß es in 
einem Nebencoups stattfand, dessen Scheidewand von einer breiten 
Oeffnung über mir durchbrochen war. Der Erstre äußerte laut 
seine Befriedigung, etwa in dem Sinne: „Diesmal ist also dafür 
gesorgt, daß uns dergleichen nicht wieder passirt.“ Bevor der 
Zug sich in Bewegung setzte, hörte ich genug, um zu verstehn, 
welches „damals“ im Gegensatz gegen diesmal der General im 
Sinne hatte, nämlich meine Betheiligung an militärischen Be— 
rathungen in dem böhmischen Feldzuge und besonders die Aenderung 
der Marschrichtung auf Preßburg anstatt auf Wien. 
Die durch diese Reden gekennzeichnete Verabredung wurde 
mir praktisch wahrnehmbar; ich wurde nicht nur zu den militäri— 
schen Berathungen nicht zugezogen, wie 1866 geschehn war, sondern 
es galt mir gegenüber strenge Geheimhaltung aller militärischen 
Maßregeln und Absichten als Regel. Dieses Ergebniß der unsern 
amtlichen Kreisen innewohnenden Rivalität der Ressorts war ein 
so augenfälliger Schaden für die Geschäftsführung, daß der in An- 
gelegenheiten des Rothen Kreuzes im Hauptquartier anwesende Graf 
Eberhard Stolberg bei der freundschaftlichen Intimität, in der ich 
mit diesem, leider zu früh verstorbenen Patrioten stand, den König 
auf die Unzuträglichkeiten der Ausschließung seines verantwortlichen 
politischen Rathgebers aufmerksam machte. Nach dem Zeugnisse des 
Grafen hatte Se. Majestät darauf erwidert: „Ich sei in dem böhmi- 
schen Kriege in der Regel zu dem Kriegsrathe zugezogen worden, 
und es sei dabei vorgekommen, daß ich im Widerspruche mit der 
Majorität den Nagel auf den Kopf getroffen hätte; daß das den 
andern Generalen ärgerlich sei und sie ihr Ressort allein berathen 
wollten, sei nicht zu verwundern“ — ipsissima verba regis, nach 
dem Zeugnisse des Grafen Stolberg nicht nur mir, sondern auch 
Andern gegenüber. Das Maß von Einfluß, welches der König mir 
1866 verstattet hatte, stand allerdings im Widerspruche mit mili- 
tärischen Traditionen, sobald der Ministerpräsident allein nach den 
Abzeichen der Uniform classificirt wurde, die er im Felde trug,
	        
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