Zersetzung der conservativen Partei. Motive der Gegnerschaft. 147
behaupten könnte, daß er nicht Alles was möglich gethan, um sich
wirksamere Gehülfen zu verschaffen, und vielleicht kann man dies;
aber ich, der ich die betreffenden persönlichen Beziehungen, trotz
meiner Entfernung, vielleicht besser und richtiger beurtheilen kann,
als sonst Jemand, vermag doch kaum eine solche Behauptung mit
voller Bestimmtheit auszusprechen. Uebrigens wird der Bruch heilen,
denn er muß heilen; wir können uns auf keine andre Partei in
der Hauptsache stützen, aber die Partei muß endlich begreifen,
daß ihre heutigen Auffassungen und Aufgaben wesentlich andre
sein müssen, als zur Zeit des Conflicts; sie muß eine Partei
des conservativen Fortschritts sein und werden und die
Rolle des Hemmschuhs aufgeben, so wesentlich und nothwendig
solche zur Zeit der Uebermacht des demokratischen Fortschritts und
der damit angedrohten demagogischen Ueberstürzung auch sein mochte
und in der That gewesen ist. Dies sind in nuce meine Gedanken
über die neueste Situation; natürlich sind sie nur für die aller-
vertrautesten Kreise zur Mittheilung geeignet. “"
II.
Roons Erwartung erfüllte sich nicht; die conservative Partei
blieb, was sie war; der Conflict, in den sie sich mit mir ver-
setzt hatte, dauerte mehr oder weniger latent fort. Ich begreife,
daß meiner Politik die mit dem vulgären Namen Kreuzzeitung
bezeichnete conservative Richtung feindlich war, in manchen Mit-
gliedern aus achtbaren prinzipiellen Gründen, die in dem Ein-
zelnen eine stärkere Triebkraft ausübten, als ihr mehr preußisches
wie deutsches Nationalgefühl. In andern, ich möchte sagen in
meinen Gegnern zweiter Classe, lag das Motiv der Opposition im
Streberthum — ote-toi, qgue je m'y mette — deren Prototyp
Harry Arnim, Robert Goltz und Andre waren. Als dritte Classe
möchte ich meine Standesgenossen im Landadel bezeichnen, die sich