Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

152 Fünfundzwanzigstes Kapitel: Bruch mit den Conservativen. 
getreten hatte, von Neujahr bis November 1873, fanden bei ihm 
in kleinen und größern Kreisen abendliche Begegnungen mir feind- 
licher Politiker der rechten Seite statt. An diesen nahm Graf 
Harry Arnim, der Herrngesellschaften ohne politischen Zweck nicht 
zu besuchen pflegte, wenn er sich auf Urlaub in Berlin befand, in 
der Rolle Theil, daß er auf die Anwesenden den Eindruck machte, 
den mir Roon selbst mit den Worten wiedergab: „In dem steckt 
doch ein tüchtiger Junker!“ Die gesprächliche Verbindung, in welcher 
dieses Urtheil ausgesprochen wurde, und die öftere scharf accen- 
tuirte Wiederholung desselben im Munde meines Freundes und 
Collegen hatte die Tragweite eines Vorwurfs für mich wegen 
Mangels gleicher Eigenschaften, und einer Andeutung, als ob Arnim 
die innere Politik schneidiger und conservativer behandeln würde, 
wenn er an meiner Stelle wäre. In den Unterredungen, in 
denen dieses Thema des Arnimschen Junkerthums breit entwickelt 
wurde, gewann ich den Eindruck, daß auch mein alter Freund 
Roon unter der Einwirkung der bei ihm stattfindenden Conventikel 
in dem Vertrauen zu meiner Politik einigermaßen erschüttert war. 
Zu den betreffenden Kreisen gehörte auch Oberst von Caprivi, 
damals Abtheilungschef im Kriegsministerium. Ich will nicht ent- 
scheiden, zu welchen der S. 147 aufgeführten Kategorien meiner 
Gegner er damals gehörte; bekannt ist mir nur seine persönliche 
Beziehung zu Mitarbeitern an der „Reichsglocke“, wie dem Geheim- 
rath von Lebbin, Personalrath im Ministerium des Innern, der auch 
in seinem Ressort einen mir feindlichen Einfluß ausübte. Der Feld- 
marschall von Manteuffel hat mir gesagt, daß Caprivi seinen, Man- 
teuffels, Einfluß bei dem Kaiser gegen mich anzuspannen versucht und 
meine „Feindschaft gegen die Armee"“ &) als Grund zur Klage und 
als eine Gefahr bezeichnet habe. Es ist erstaunlich, daß Caprivi 
sich dabei nicht erinnert hat, wie die Armee vor und zur Zeit meines 
) Vergl. zu diesem Vorwurf den Brief des Kaisers Friedrich vom 
25. März 1888 in Kapitel 33, S. 311.
	        
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