Der Landrath sonst und jetzt. Verhandlungen mit Bennigsen. 181
machen; er aber faßte die Sache so auf, als ob es sich um einen
durch die politische Situation gegebenen Systemwechsel handelte,
um die Uebernahme der Leitung durch die nationalliberale Partei.
Das Streben nach dem Mitbesitz des Regiments hatte sich schon
erkennbar gemacht in dem Eifer, mit dem die Partei das Stell—
vertretungsgesetz betrieben hatte in der Meinung, auf diesem Wege
ein collegialisches Reichsministerium anzubahnen, in dem anstatt
des allein verantwortlichen Reichskanzlers selbständige Ressorts
mit collegialischer Abstimmung wie in Preußen die Entscheidung
hätten. Bennigsen wollte daher nicht einfach Eulenburgs Nach-
folger werden, sondern verlangte, daß mit ihm wenigstens Forcken-
beck und Stauffenberg einträten. Der Erstre sei der geeignete
Mann für das Innere und werde dort dieselbe Geschicklichkeit und
Thatkraft wie in der Verwaltung der Stadt Berlin bewähren; er
selbst würde das Finanzministerium wählen; Stauffenberg müsse
an die Spitze des Reichsschatzamts treten, um mit ihm zusammen
zu wirken.
Ich sagte ihm, es sei nichts vacant als die Stelle Eulenburgs;
ich sei bereit, ihn für diese dem Könige vorzuschlagen, und würde
mich freuen, wenn ich den Vorschlag durchsetzte. Wenn ich aber
Sr. Majestät rathen wollte, noch zwei Ministerposten proprio
motu frei zu machen, um sie mit Nationalliberalen zu besetzen,
so werde der hohe Herr das Gefühl haben, daß es sich nicht
um eine zweckmäßige Stellenbesetzung, sondern um einen System-
wechsel handle, und einen solchen werde er prinzipiell ablehnen.
Bennigsen dürfe überhaupt nicht darauf rechnen, daß es dem Könige
und unfrer ganzen politischen Lage gegenüber möglich sein werde,
seine Fraction gewissermaßen mit in das Ministerium zu nehmen
und als ihr Führer den ihrer Bedeutung entsprechenden Ein-
fluß im Schoße der Regirung auszuüben, gewissermaßen ein con-
stitutionelles Majoritätsministerium zu schaffen. Bei uns sei der
König thatsächlich und ohne Widerspruch mit dem Verfassungstexte
Ministerpräsident, und Bennigsen würde, wenn er als Minister