Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

200 Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen. 
daß das Staatsministerium sich im Besitz des von der Verfassung 
vorausgesetzten Einflusses auf die Allerhöchsten Entschließungen be- 
fände, würde auch dann nicht gefördert werden, wenn etwa die 
ungnädige Allerhöchste Randbemerkung und die darauf erfolgte Ant- 
wort des Staatsministeriums öffentlich bekannt würden. Man würde 
in Versuchung sein, in Betreff von Inhalt und Wirkung Vergleiche 
mit dem Vorgange in Frankreich anzustellen, der dort zu dem 
jüngsten Ministerwechsel führte. 
Ich bin nicht ohne Besorgniß, daß wir in dem Grunerschen 
Vorgange nur eine Sonde zu erblicken haben, die von Herrn von 
Schleinitz und seinen Rathgebern (nicht von Sr. Majestät dem 
Kaiser) angelegt wird, um zu probiren, was man uns bieten kann 
und wie hoch wir unfre ministerielle Autorität anschlagen. Meiner 
Ansicht nach ist Fügsamkeit gegen diese unberechtigten Einflüsse auf 
die Allerhöchsten Entschließungen nicht das Mittel, sie abzuschneiden; 
im Gegentheil, sie werden wachsen, und der Conflict, der jetzt ein 
blos formaler ist, würde sich auf ungünstigern Feldern und unter 
Hineinziehung großer Parteifragen demnächst wiederholen. 
Ich könnte mich nach meiner augenblicklichen Lage jeder amt- 
lichen Aeußerung enthalten, aber ich habe das Gefühl, daß die für 
mich persönlich doch sehr wichtige Frage meines Wiedereintritts in die 
Geschäfte auf diesem Wege auch ohne Rücksicht auf meine Gesund- 
heit präjudicirt werden würde. Da ich hoffe, daß meine Gesund- 
heit sich bessern wird, und da ich für diesen Fall mir gern den 
Wiedereintritt in die Geschäfte, so weit er dem Allerhöchsten Willen 
entspricht, offen erhalte, so nehme ich ein persönliches Interesse 
daran, daß das Ansehn der ministeriellen Stellung hinreichend ge- 
wahrt werde, um mir die Wiederaufnahme einer solchen nach meinem 
Gewissen möglich zu erhalten. 
Die richtige der Logik des ersten Beschlusses entsprechende Er- 
ledigung wäre meiner Ansicht nach die Ablehnung der von dem Haus- 
minister beantragten Veröffentlichung für den amtlichen Theil des 
Staats-Anzeigers. Die amtliche Aufnahme ist vor Mißdeutung in
	        
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