Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

Aufgaben eines Gesandten an fremdem Hofe. 227 
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Darstellungen eigneten, zu verschweigen, und als ich Minister war, 
dergleichen allerhöchsten Orts nicht vorzulegen. In der Stellung 
eines Botschafters am Hofe einer Großmacht findet die Verpflich— 
tung zur mechanischen Berichterstattung über alle am Domicil des 
Botschafters vorkommenden thörichten Reden und Bosheiten nicht 
Anwendung. Ein Botschafter nicht nur, sondern auch jeder deutsche 
Diplomat an einem deutschen Hofe, sollte nicht Berichte schreiben, 
wie sie Budberg, Oubril aus Berlin, Balabin aus Wien nach 
Hause sandten in der Berechnung, daß sie als witzig mit Interesse 
und mit selbstgefälliger Heiterkeit gelesen würden, sondern er sollte 
sich, so lange die Verhältnisse freundlich sind und bleiben sollen, 
des Hetzens und Klatschens enthalten. Wer nur das Förmliche des 
Geschäftsganges im Auge hat, wird es allerdings für das Richtigste 
halten, daß der Gesandte rückhaltlos meldet, was er hört, und es 
dem Minister überläßt, über was er hinwegsehn und was er be— 
tonen will. Ob das aber sachlich zweckmäßig ist, hängt von der 
Persönlichkeit des Ministers ab. Da ich mich für ebenso einsichtig 
hielt wie Herrn von Schleinitz und einen tiefern und gewissen— 
haftern Antheil an dem Schicksal unsres Landes nahm als er, so 
habe ich mich für berechtigt und verpflichtet gehalten, manches nicht 
zu seiner Kenntniß zu bringen, was in seinen Händen Verhetzungen 
und Intrigen am Hofe im Sinne einer Politik dienen konnte, die 
nicht die des Königs war. 
Ich kehre von dieser Abschweifung zu den Besprechungen zurück, 
die ich zur Zeit des Balkankrieges mit dem Grafen Peter Schuwalow 
gehabt habe. Ich sagte ihm, daß wir, wenn wir der Festigkeit 
eines Bündnisses mit Rußland die Beziehungen zu allen andern 
Mächten zum Opfer brächten, uns bei acuten Vorkommnissen von 
französischer und östreichischer Revanchelust bei unsrer exponirten 
geographischen Lage in einer gefährlichen Abhängigkeit von Ruß— 
land befinden würden. Die Verträglichkeit Rußlands mit Mächten, 
die nicht auch ohne sein Wohlwollen bestehn könnten, hätte ihre 
Grenzen, namentlich bei einer Politik, wie die des Fürsten Gor-
	        
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