236 Neunundzwanzigstes Kapitel: Der Dreibund.
des Krimkrieges und 1863 von berufner und unberufner Seite er-
wogen worden. Die alten preußischen Provinzen aber sind von
Posen und Westpreußen durch keine natürliche Grenze getrennt, und
der Verzicht auf sie wäre unausführbar. Die Frage der Zukunft
Polens ist deshalb unter den Vorbedingungen eines deutsch-östreichi-
schen Kriegsbündnisses eine besonders schwierige.
III.
In dieser Erwägung nöthigte mich der drohende Brief des
Kaisers Alexander (1879) zu festem Entschlusse behufs Abwehr und
Wahrung unfrer Unabhängigkeit von Rußland. Ein äöstreichisches
Bündniß war ziemlich bei allen Parteien populär, bei den Conserva-
tiven aus einer geschichtlichen Tradition, bezüglich deren man zweifel-
haft sein kann, ob sie grade von dem Standpunkt einer conservativen
Fraction heut zu Tage als folgerichtig gelten könne. Thatsache ist aber,
daß die Mehrheit der Conservativen in Preußen die Anlehnung
an Oestreich als ihren Tendenzen entsprechend ansieht, auch wenn
vorübergehend eine Art von Wettlauf im Liberalismus zwischen den
beiden Regirungen stattfand. Der conservative Nimbus des öst-
reichischen Namens überwog bei den meisten Mitgliedern dieser
Fraction den Eindruck der theils überwundenen, theils neuen Vor-
stöße auf dem Gebiete des Liberalismus und der gelegentlichen
Neigung zu Annäherungen an die Westmächte und speciell an Frank-
reich. Noch näher lagen die Erwägungen, welche den Katholiken
den Bund mit der vorwiegend katholischen Großmacht als nützlich
erscheinen ließen. Der nationalliberalen Partei war ein vertrags-
mäßig verbrieftes Bündniß des neuen Deutschen Reiches mit Oest-
reich ein Weg, auf dem man der Lösung der 1848er Cirkelquadratur
näher kam, ohne an den Schwierigkeiten zu scheitern, die einer
unitarischen Verbindung nicht nur zwischen Oestreich und Preußen=
Deutschland, sondern schon innerhalb des östreichisch-ungarischen