Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

244 Neunundzwanzigstes Kapitel: Der Dreibund. 
Betreff der Beziehungen zu Rußland bemerke ich allerunterthänigst, 
daß die Gefahr kriegerischer Verwicklungen, welche auch ich nicht 
nur politisch, sondern auch persönlich auf das Tiefste beklagen 
würde, nach meinem ehrfurchtsvollen Dafürhalten nicht unmittelbar 
bevorsteht, uns vielmehr nur dann nähertreten würde, wenn Frank- 
reich zu einem gemeinsamen Vorgehn mit Rußland bereit wäre. 
Dies ist bisher nicht der Fall, und unfre Politik wird nach den 
Intentionen Seiner Majestät des Kaisers nichts unterlassen, um 
den Frieden des Reichs mit Rußland durch Einwirkung auf Seine 
Majestät den Kaiser Alexander nach wie vor zu pflegen und zu 
befestigen. Die Verhandlungen über einen engern gegenseitigen 
Anschluß mit Oestreich haben nur friedliche, defensive Ziele und. 
daneben die Förderung der nachbarlichen Verkehrsverhältnisse zum 
Ziele. 
In der Absicht, Gastein morgen zu verlassen, hoffe ich am 
Sonntag in Wien einzutreffen. 
Mit unterthänigstem Danke für Eurer Majestät huldreiche 
Theilnahme an meiner Gesundheit verharre ich in tiefster Ehrfurcht 
Eurer Majestät 
unterthänigster Diener 
v. Bismarck.“ 
V. 
Auf der langen Fahrt von Gastein über Salzburg und Linz 
wurde mein Bewußtsein, daß ich mich auf rein deutschem Gebiete 
und unter deutscher Bevölkerung befand, durch die entgegenkommende 
Haltung des Publikums auf den Stationen vertieft. In Linz war 
die Masse so groß und ihre Stimmung so erregt, daß ich aus 
Besorgniß, in Wiener Kreisen Mißverständnisse zu erregen, die 
Vorhänge der Fenster meines Wagens vorzog, auf keine der wohl- 
wollenden Kundgebungen reagirte und abfuhr, ohne mich gezeigt zu
	        
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