246 Neunundzwanzigstes Kapitel: Der Dreibund.
Aufnahme und die Bereitwilligkeit, mit uns abzuschließen. Um
mich der Zustimmung meines allergnädigsten Herrn zu versichern,
hatte ich schon in Gastein täglich einen Theil der für die Cur be-
stimmten Zeit am Schreibtische zugebracht und auseinandergesetzt,
daß es nothwendig sei, den Kreis der möglichen gegen uns ge-
richteten Coalitionen einzuschränken, und daß der zweckmäßigste Weg
dazu ein Bündniß mit Oestreich sei. Ich hatte freilich wenig
Hoffnung, daß der todte Buchstabe meiner Abhandlungen die mehr
auf Gemüthsregungen als auf politischer Erwägung beruhende Auf-
fassung Sr. Majestät ändern werde. Der Abschluß eines Vertrages,
dessen wenn auch defensives doch kriegerisches Ziel ein Ausdruck
des Mißtrauens gegen den Freund und Neffen war, mit dem
er eben in Alexandrowo von Neuem unter Thränen und in der
vollsten Aufrichtigkeit des Herzens die Versicherungen der alther-
gebrachten Freundschaft ausgetauscht hatte, lief zu sehr gegen
die ritterlichen Gefühle, mit denen der Kaiser sein Verhältniß zu
einem ebenbürtigen Freunde auffaßte. Ich zweifelte zwar nicht,
daß die gleiche rückhaltlose Ehrlichkeit des Empfindens bei dem
Kaiser Alexander vorhanden war; aber ich wußte, daß er nicht die
Schärfe des politischen Urtheils und nicht die Arbeitsamkeit besaß,
die ihn dauernd gegen die unaufrichtigen Einflüsse seiner Um-
gebung gedeckt hätten, auch nicht die gewissenhafte Zuverlässigkeit
in persönlichen Beziehungen, die meinen hohen Herrn auszeichnete.
Die Offenheit, die der Kaiser Nicolaus im Guten wie im Bösen
bewiesen hatte, war auf die weichere Natur seines Nachfolgers
nicht vollständig übergegangen; auch weiblichen Einflüssen gegen-
über war die Unabhängigkeit des Sohnes nicht auf derselben Höhe
wie die des Vaters. Nun ist aber die einzige Bürgschaft für die
Dauer der russischen Freundschaft die Persönlichkeit des regirenden
Kaisers, und sobald letztre eine minder sichre Unterlage gewährt,
als Alexander I., der 1813 eine auf demselben Throne nicht immer
vorauszusetzende Treue gegen das preußische Königshaus bewährt
hat, wird man auf das russische Bündniß, wenn man seiner