Der Weg nach Petersburg muß Deutschland frei bleiben. 251
Petersburg frei bleibt. Unsre Aufgabe ist, unsre beiden kaiser—
lichen Nachbarn in Frieden zu erhalten. Die Zukunft der vierten
großen Dynastie in Italien werden wir in demselben Maße sicher
zu stellen im Stande sein, in dem es uns gelingt, die drei
Kaiserreiche einig zu erhalten und den Ehrgeiz unfrer beiden öst-
lichen Nachbarn entweder zu zügeln oder in beiderseitiger Ver-
ständigung zu befriedigen. Jeder von beiden ist für uns nicht nur
in der europäischen Gleichgewichtsfrage unentbehrlich, — wir könnten
keinen von beiden missen, ohne selbst gefährdet zu werden — son-
dern die Erhaltung eines Elementes monarchischer Ordnung in
Wien und Petersburg, und auf der Basis beider in Rom, ist für
uns in Deutschland eine Aufgabe, die mit der Erhaltung der staat-
lichen Ordnung bei uns selbst zusammenfällt.
VII.
Der Vertrag, den wir mit Oestreich zu gemeinsamer Ab-
wehr eines russischen Angriffs geschlossen haben, ist publici juris.
Ein analoger Defensivvertrag zwischen beiden Mächten gegenüber
Frankreich ist nicht bekannt. Das deutsch--östreichische Bündniß
enthält gegen einen französischen Krieg, von dem Deutschland in
erster Linie bedroht ist, nicht dieselbe Deckung wie gegen einen
russischen, der mehr für Oestreich als für Deutschland wahrschein-
lich ist. Zwischen Deutschland und Rußland existiren keine Ver-
schiedenheiten der Interessen, welche die Keime von Conflicten und
eines Bruches unabweislich in sich trügen. Dagegen gewähren die
übereinstimmenden Bedürfnisse in der polnischen Frage und die
Nachwirkung der hergebrachten dynastischen Solidarität im Gegen-
satz zu den Umsturzbestrebungen Unterlagen für eine gemeinsame
Politik beider Cabinete. Dieselben sind abgeschwächt worden durch
eine zehnjährige Fälschung der öffentlichen Meinung seitens der
russischen Presse, die in dem lesenden Theile der Bevölkerung