Seine Furchtlosigkeit. Prinzessin Augusta. 283
IV.
Die Prinzessin Augusta vertrat unter Friedrich Wilhelm IV. in
der Regel den Gegensatz zur Regirungspolitik; die Neue Aera der
Regentschaft sah sie als ihr Ministerium an, wenigstens bis zum
Rücktritt des Herrn von Schleinitz. Es lebte in ihr vorher und
später ein Bedürfniß des Widerspruchs gegen die jedesmalige Hal-
tung der Regirung ihres Schwagers und später ihres Gemals.
Ihr Einfluß wechselte und zwar so, daß derselbe bis auf die letzten
bensjähre stets gegen die Minister in's Gewicht fiel. War die
Regirungspolitik conservativ, so wurden die liberalen Personen und
Bestrebungen in den häuslichen Kreisen der hohen Frau ausgezeichnet
und gefördert; befand sich die Regirung des Kaisers in ihrer
Arbeit zur Befestigung des neuen Reiches auf liberalen Wegen, so
neigte die Gunst mehr nach der Seite der conservativen und nament-
lich der katholischen Elemente, deren Unterstützung, da sie unter einer
evangelischen Dynastie sich häufig und bis zu gewissen Grenzen
regelmäßig in der Opposition befanden, überhaupt der Kaiserin
nahe lag. In den Perioden, wo unfre auswärtige Politik mit
Oestreich Hand in Hand gehn konnte, war die Stimmung gegen
Oestreich unfreundlich und fremd; bedingte unfre Politik den
Widerstreit gegen Oestreich, so fanden dessen Interessen Vertretung
durch die Königin und zwar bis in die Anfänge des Krieges 1866
hinein. Während an der böhmischen Grenze schon gefochten wurde,
fanden in Berlin unter dem Patronate Ihrer Majestät durch das
Organ von Schleinitz noch Beziehungen und Unterhandlungen
bedenklicher Natur statt. Herr von Schleinitz hatte, seit ich Minister
des Aeußern und er selbst Minister des königlichen Hauses ge-
worden, das Amt einer Art Gegenministers der Königin, um
Ihrer Majestät Material zur Kritik und zur Beeinflussung des
Königs zu liefern. Er hatte zu diesem Behufe die Verbindungen
benutzt, die er in der Zeit, wo er mein Vorgänger war, im Wege