Das Schreiben Bethmann-Hollwegs an den König. 15
Mittel zur Ausführung seiner Absichten darzureichen und vor Allem
dessen Bild vor der Welt rein zu erhalten. Eurer Majestät gerader,
gerechter und ritterlicher Sinn ist weltbekannt und hat Allerhöchst-
demselben das allgemeine Vertrauen, die allgemeine Verehrung zu-
gewendet. Graf Bismarck aber hat es dahin gebracht, daß Eurer
Majestät edelste Worte dem eigenen Lande gegenüber, weil nicht ge-
glaubt, wirkungslos verhallen, und daß jede Verständigung mit andern
Mächten unmöglich geworden, weil die erste Vorbedingung derselben,
das Vertrauen, durch eine ränkevolle Politik zerstört worden ist.
Noch ist kein Schuß gefallen, noch ist Verständigung unter einer
Bedingung möglich. Nicht die Kriegsrüstungen sind einzustellen,
vielmehr, wenn es nöthig ist, zu verdoppeln, um Gegnern, die
unfre Vernichtung wollen, siegreich entgegen zu treten oder mit
vollen Ehren aus dem verwickelten Handel herauszukommen. Aber
jede Verständigung ist unmöglich, so lange der Mann an Eurer
Majestät Seite steht, Ihr entschiedenes Vertrauen besitzt, der dieses
Eurer Majestät bei allen andern Mächten geraubt hat“ 1)
III.
Als der König dieses Schreiben erhielt, war er schon aus der
Verstrickung der darin wiederholten Argumente frei geworden durch
den Gasteiner Vertrag vom 14./20. August 1865. Mit welchen
Schwierigkeiten ich bei den Verhandlungen über diesen noch zu
kämpfen hatte, welche Vorsicht zu beachten war, zeigt mein nach-
stehendes Schreiben an Se. Majestät:
„Gastein, 1. August 1865.
Eure Majestät wollen mir huldreich verzeihn, wenn eine viel-
leicht zu weit getriebene Sorge für die Interessen des allerhöchsten
1) König Wilhelm eröffnete den Brief erst in Nikolsburg im Juli 1866;
seine Antwort begann: „In Nikolsburg eröffnete ich erst Ihren Brief, und
Ort und Datum der Antwort wären Antwort genug! 2c.“; vgl. Schneider
a. a. O. 1 341.