Gasteiner Vertrag. Wandel in der Stimmung des Königs. 17
die ministerielle Expedition bieten, und es könnte morgen ein andrer
an seiner Statt oder derselbe rechtzeitig abgehn. Eine Abschrift
dessen, was ich an Werther über die Verhandlung mit Graf Blome
telegraphirt habe, lege ich allerunterthänigst bei. Zu Eurer Majestät
bewährter Gnade habe ich das ehrfurchtsvolle Vertrauen, daß Aller-
höchstdieselben, wenn Sie meine Bedenken nicht gutheißen, deren
Geltendmachung dem aufrichtigen Streben verzeihn wollen, Eurer
Majestät nicht nur pflichtmäßig, sondern auch zu Allerhöchstdero
persönlicher Befriedigung zu dienen.“
An der mit s) bezeichneten Stelle dieses Schreibens hat der
König an den Rand geschrieben:
„Einverstanden. — Ich that der Sache deshalb Erwähnung,
weil in den letzten 24 Stunden ihrer nicht mehr Erwähnung ge—
schah, und ich sie als ganz aus der Combination fallengelassen
ansah, nachdem die wirkliche Trennung und Besitzergreifung an
die Stelle getreten war. Durch meine Mittheilung an die Königin
wollte ich den Uebergang dereinst anbahnen zur Besitzergreifung,
die sich nach und nach aus der Administrations-Theilung entwickelt.
hätte. Indessen dies kann ich auch später so darstellen, wenn die
Eigenthumstheilung wirklich erfolgt, an die ich noch immer nicht
glaube, da Oesterreich zu stark zurückstecken muß, nachdem es sich
für Augustenburg und gegen Besitznahme, wenn freilich die ein-
seitige, zu sehr avancirte. W.“!1)
Nach dem Gasteiner Vertrage und der Besitznahme von Lauen-
burg, der ersten Mehrung des Reichs unter König Wilhelm, fand
meiner Wahrnehmung nach ein psychologischer Wandel in seiner
Stimmung, ein Geschmackfinden an Eroberungen statt, aber doch mit
vorwiegender Befriedigung darüber, daß dieser Zuwachs, der Hafen
von Kiel, die militärische Stellung in Schleswig und das Recht,
1) Bismarck-Jahrbuch VI 202 f.
Otto Fürst von Biemarck, Gedanken und Erinnerungen. II. 2