Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

26 Neunzehntes Kapitel: Schleswig-Holstein. 
Unterredung mit ihm habe ich zweimal gehabt; auf die erste (am 
18. November 1863) bezieht sich sein nachstehender Brief #: 
„Ew. Excellenz wollen mir erlauben, daß ich mich in einigen 
Zeilen an Sie wende, die veranlaßt sind durch einen Artikel, den 
No. 282 der Kreuzzeitung lvom 3. December] bringt, und von 
welchem ich erst nachträglich Kenntniß erhalten habe. In diesem 
Artikel wird u. A. von mir berichtet, ich habe einem Deputirten 
gegenüber die Aeußerung gethan, „Herr von Bismarck sei mein 
Freund nicht#. Den Wortlaut dessen, was ich bei jener Gelegen- 
heit gesagt habe, vermag ich nicht anzugeben, da es sich hier um 
eine in der Conversation gefallene Aeußerung handelt. Es ist recht 
wohl möglich, daß ich mein Bedauern darüber ausgesprochen habe, 
daß Ew. Excellenz politische Anschauungen über die gegenwärtige 
Lage der schleswig-holsteinschen Angelegenheit nicht mit den meinigen 
übereinstimmen, wie ich keinen Anstand genommen habe, dies Ihnen 
selbst gegenüber bei meiner letzten Anwesenheit in Berlin offen 
auszusprechen. Ich bin mir jedoch vollkommen bewußt, daß ich die 
in der Zeitung referirte Aeußerung nicht gethan habe, da ich mir 
stets zur festen Regel gemacht habe, das Politische von dem Per- 
sönlichen zu trennen. Ich bedauere daher aufrichtig, daß eine 
solche Nachricht ihren Weg in die Zeitungen gefunden hat. 
Ich habe mich umsomehr verpflichtet gefühlt, mit dieser Er- 
klärung nicht zurückzuhalten, je mehr ich die loyale Weise anerkennen 
muß, in welcher Ew. Excellenz mir in Berlin offen sagten, daß Sie 
zwar persönlich von meinem Rechte überzeugt seien und es billigten, 
wenn ich suchte meinem Rechte Geltung zu verschaffen, daß Sie je- 
doch in Berücksichtigung der von Preußen eingegangenen Verbind- 
lichkeiten, sowie der allgemeinen Weltlage mir keine Versprechungen 
zu machen vermöchten. 
Mit 2c. 2c. 
Gotha, den 11. Dec. 63. Friedrich.“ 
1) Bismarck-Jahrbuch V 256. 
 
	        
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