Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

40 Zwanzigstes Kapitel: Nikolsburg. 
was selten und vorübergehend der Fall war. Wenn auch gelegentlich 
das Gefühl der bairischen Protestanten verletzt wurde, so hat sich 
die Empfindlichkeit darüber niemals in Gestalt einer Erinnerung 
an Preußen geäußert. Uebrigens wäre auch nach einer solchen 
Beschneidung der bairische Stamm von den Alpen bis zur Ober— 
pfalz in der Verbitterung, in welche die Verstümmelung des König- 
reichs ihn versetzt haben würde, immer als ein schwer zu ver— 
söhnendes und nach der ihm innewohnenden Stärke gefährliches 
Element für die zukünftige Einigkeit zu betrachten gewesen. Es 
gelang mir jedoch in Nikolsburg nicht, dem Könige meine Ansichten 
über den zu schließenden Frieden annehmbar zu machen. Ich mußte 
daher Herrn von der Pfordten, der am 24. Juli dorthin gekommen 
war, unverrichteter Sache abreisen lassen und mich mit einer Kritik 
seines Verhaltens vor dem Kriege begnügen. Er war ängstlich, die 
östreichische Anlehnung vollständig aufzugeben, obgleich er sich auch 
dem Wiener Einfluß gern entzogen hätte, wenn es ohne Gefahr 
möglich war; aber Rheinbunds-Velleitäten, Reminiscenzen an die 
Stellung, die die deutschen Kleinstaaten unter französischem Schutze 
von 1806 bis 1814 gehabt hatten, waren bei ihm nicht vorhanden 
— ein ehrlicher und gelehrter, aber politisch nicht geschickter deutscher 
Professor. 
Dieselbe Erwägung, wie in Betreff der fränkischen Fürsten- 
thümer, machte ich Sr. Majestät gegenüber geltend in Betreff 
Oestreichisch= Schlesiens, das eine der kaisertreuesten Provinzen, 
überdies vorwiegend slavisch bevölkert ist, und in Betreff der 
böhmischen Gebiete, die der König auf Andringen des Prinzen 
Friedrich Carl als Glacis vor den sächsischen Bergen behalten 
wollte, Reichenberg, das Egerthal, Karlsbad. Es kam später hinzu, 
daß Karolyi jede Landabtretung kategorisch ablehnte, selbst die von 
mir ihm gegenüber berührte des kleinen Gebiets von Braunau, 
dessen Besitz für uns ein Eisenbahninteresse hatte. Ich zog vor, auch 
darauf zu verzichten, sobald das Festhalten den Abschluß zu verschlep- 
pen und die Gefahr französischer Einmischung zu verschärfen drohte.
	        
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