Full text: Gedanken und Erinnerungen. Zweiter Band. (2)

42 Zwanzigstes Kapitel: Nikolsburg. 
Sonntag den 22. Mittags die Feindseligkeiten eingestellt und nicht 
vor Mittag des 27. wieder aufgenommen werden sollten. Der 
General von Fransecky erhielt am 22. Morgens 7 ½ Uhr die Nach- 
richt von der an demselben Tage eintretenden Waffenruhe und die 
Weisung, damit sein Verhalten in Einklang zu bringen. Der 
Kampf, in welchem er bei Blumenau stand, mußte daher um 12 Uhr 
abgebrochen werden. 
IV. 
Inzwischen hatte ich in den Conferenzen mit Karolyi und mit 
Benedetti, dem es Dank dem Ungeschick unfrer militärischen Polizei 
im Rücken des Heeres gelungen war, in der Nacht vom 11. zum 
12. Juli nach Zwittau zu gelangen und dort plötzlich vor meinem 
Bette zu erscheinen, die Bedingungen ermittelt, unter denen der 
Friede erreichbar war. Benedetti erklärte für die Grundlinie der 
Napoleonischen Politik, daß eine Vergrößerung Preußens um 
höchstens 4 Millionen Seelen in Norddeutschland, unter Festhaltung 
der Mainlinie als Südgrenze, keine französische Einmischung nach 
sich ziehn werde. Er hoffte wohl, einen süddeutschen Bund als 
französische Filiale auszubilden. Oestreich trat aus dem Deutschen 
Bunde aus und war bereit, alle Einrichtungen, die der König in 
Norddeutschland treffen werde, vorbehaltlich der Integrität Sachsens, 
anzuerkennen. Diese Bedingungen enthielten Alles, dessen wir be- 
durften: freie Bewegung in Deutschland. 
JIch war nach allen vorstehenden Erwägungen fest entschlossen, 
die Annahme des von Oestreich gebotenen Friedens zur Cabinets- 
frage zu machen. Die Lage war eine schwierige; allen Generalen 
war die Abneigung gemeinsam, den bisherigen Siegeslauf ab- 
zubrechen, und der König war militärischen Einflüssen im Laufe 
jener Tage öfter und bereitwilliger zugänglich als den meinigen; 
ich war der Einzige im Hauptquartier, dem eine politische Verant- 
wortlichkeit als Minister oblag und der sich nothwendig der Situation
	        
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