46 Zwanzigstes Kapitel: Nikolsburg.
könnten wir dann leichter davonkommen lassen, sagte er, und bestand
auf den schon erwähnten Gebietsabtretungen von Oestreich. Ich
erwiderte: Wir hätten nicht eines Richteramts zu walten, sondern
deutsche Politik zu treiben; Oestreichs Rivalitätskampf gegen uns
sei nicht strafbarer als der unsrige gegen Oestreich; unsre Auf—
gabe sei Herstellung oder Anbahnung deutsch-nationaler
Einheit unter Leitung des Königs von Preußen.
Auf die deutschen Staaten übergehend, sprach er von verschie—
denen Erwerbungen durch Beschneidung der Länder aller Gegner.
Ich wiederholte, daß wir nicht vergeltende Gerechtigkeit zu üben,
sondern Politik zu treiben hätten, daß ich vermeiden wolle, in dem
künftigen deutschen Bundesverhältniß verstümmelte Besitze zu sehn,
in denen bei Dynastie und Bevölkerung der Wunsch nach Wieder—
erlangung des frühern Besitzes mit fremder Hülfe nach mensch-
licher Schwäche leicht lebendig werden könnte; es würden das un—
zuverlässige Bundesgenossen werden. Dasselbe würde der Fall sein,
wenn man zur Entschädigung Sachsens etwa Würzburg oder Nürn-
berg von Baiern verlangen wollte, ein Plan, der außerdem mit
der dynastischen Vorliebe Sr. Majestät für Ansbach in Concurrenz
treten würde. Ebenso hatte ich Pläne zu bekämpfen, die auf eine
Vergrößerung des Großherzogthums Baden hinausliefen, Annexion
der bairischen Pfalz, und eine Ausdehnung in der untern Main-
gegend. Das Aschaffenburger Gebiet Baierns wurde dabei als ge-
eignet angesehn, um Hessen-Darmstadt für den durch die Maingrenze
gebotenen Verlust von Oberhessen zu entschädigen. Später in Berlin
stand von diesen Plänen nur noch zur Verhandlung die Abtretung
des auf dem rechten Mainufer gelegenen bairischen Gebiets ein-
schließlich der Stadt Bayreuth an Preußen, wobei die Frage zur Er-
örterung kam, ob die Grenze auf dem nördlichen rothen oder süd-
lichen weißen Main gehn sollte. Vorwiegend schien mir bei Sr.
Mjestät die von militärischer Seite gepflegte Abneigung gegen die
Unterbrechung des Siegeslaufes der Armee. Der Widerstand, den ich
den Absichten Sr. Majestät in Betreff der Ausnutzung der militäri-