Einundzwanzigstes Kapitel.
Der Norddeutsche Bund.
J.
In Berlin war ich äußerlich mit dem Verhältniß Preußens
zu den neuerworbenen Provinzen und den übrigen norddeutschen
Staaten, innerlich mit der Stimmung der auswärtigen Mächte und
Erwägung ihres wahrscheinlichen Verhaltens beschäftigt. Unsre
innere Lage hatte für mich und vielleicht für Jeden den Charakter
des Provisoriums und der Unreife. Die Rückwirkung der Ver-
größerung Preußens, der bevorstehenden Verhandlungen über den
Norddeutschen Bund und seine Verfassung ließen unfre innere Ent-
wicklung ebenso sehr im Fluß begriffen erscheinen wie unsre Be-
ziehungen zum deutschen und außerdeutschen Auslande es waren
vermöge der europäischen Situation, in der der Krieg abgebrochen
wurde. Ich nahm als sicher an, daß der Krieg mit Frankreich auf
dem Wege zu unfrer weitern nationalen Entwicklung, sowohl der
intensiven als der über den Main hinaus extensiven, nothwendig
werde geführt werden müssen, und daß wir diese Eventualität bei
allen unsern Verhältnissen im Innern wie nach Außen im Auge
zu behalten hätten. Louis Napoleon sah in einiger Vergrößerung
Preußens in Norddeutschland nicht nur keine Gefahr für Frank-
reich, sondern ein Mittel gegen die Einigung und nationale Ent-
wicklung Deutschlands, er glaubte, daß dessen außerpreußische