56 Einundzwanzigstes Kapitel: Der Norddeutsche Bund.
Krieges hat man sich niemals zu unsern Gunsten so weit com—
promittirt, daß nicht die französische Freundschaft gewahrt worden
wäre; im Gegentheil.
II.
Es geschah hauptsächlich unter dem Einfluß dieser Erwägungen
auf dem Gebiete der auswärtigen Politik, daß ich mich entschloß,
jeden Schachzug im Innern danach einzurichten, ob der Eindruck
der Solidität unsrer Staatskraft dadurch gefördert oder geschädigt
werden könne. Ich sagte mir, daß das nächste Hauptziel die Selb-
ständigkeit und Sicherheit nach Außen sei, daß zu diesem Zwecke
nicht nur die thatsächliche Beseitigung innern Zwiespaltes, sondern
auch jeder Schein davon nach dem Auslande und in Deutschland
vermieden werden müsse; daß, wenn wir erst Unabhangigkeit von
dem Auslande hätten, wir auch in unfrer innern Entwicklung uns
frei bewegen könnten, wir uns dann so liberal oder so reactionär
einrichten könnten, wie es gerecht und zweckmäßig erschiene; daß
wir alle innern Fragen vertagen könnten bis zur Sicherstellung
unsrer nationalen Ziele nach Außen. Ich zweifelte nicht an der
Möglichkeit, der königlichen Macht die nöthige Stärke zu geben,
um unfsre innere Uhr richtig zu stellen, wenn wir erst nach Außen
die Freiheit erworben haben würden, als große Nation selb-
ständig zu leben. Bis dahin war ich bereit, der Opposition nach
Bedürfniß black-mail zu zahlen, um zunächst unfre volle Kraft
und in der Diplomatie den Schein dieser einigen Kraft und die
Möglichkeit in die Wagschale werfen zu können, im Falle der Noth
auch revolutionäre Nationalbewegungen gegen unfre Feinde ent-
fesseln zu können.
In einer Commissionssitzung des Landtags wurde ich von
der Fortschrittspartei, wohl nicht ohne Kenntniß von den Be-
strebungen der äußersten Rechten, darüber interpellirt, ob die Re-
girung bereit sei, die preußische Verfassung in den neuen Pro-