76 Einundzwanzigstes Kapitel: Der Norddeutsche Bund.
auf einzelne bereits Compromittirte. Nach der Haltung der hanöver—
schen Truppentheile im Kriege ist es nicht wahrscheinlich, daß
ein welfischer Aufstand in der Heimath einen erheblichen Umfang
hätte annehmen können, wenigstens nicht, so lange unser Vorgehn
in Frankreich siegreich war. Was geschehn wäre, wenn wir ge—
schlagen und verfolgt durch Hanover heimgekehrt wären, lasse ich
unberührt. Eine prophylaktische Politik hat aber auch solche Möglich-
keiten zu erwägen; jedenfalls war ich entschlossen, in der Zwangs-
lage des Krieges dem Könige zu jedem Acte energischer Abwehr
zu rathen, den der Trieb der staatlichen Selbsterhaltung ein-
geben kann. Und selbst wenn nur einzelne schwere und wahr-
scheinlich blutige Bestrafungen hätten stattfinden müssen, so würden
die Gewaltthaten gegen deutsche Landsleute, wie sehr sie auch durch
die Kriegsgefahr gerechtfertigt sein mochten, auf Menschenalter hin
ein Hinderniß der Versöhnung und einen Vorwand für Verhetzungen
abgegeben haben. Es war mir deshalb wichtig, solchen Eventuali-
täten rechtzeitig vorzubeugen.
VIII.
Die Kämpfe während des vergangenen Winters mit dem
Könige, der den Krieg nicht wollte, während des Feldzuges mit
den Militärs, die nur Oestreich, nicht die übrigen Mächte
Europas vor sich sahn, und mit dem Könige über den Friedens-
schluß und dann wieder über die Indemnität, hatten mich so
angegriffen, daß ich der Ruhe und Erholung bedurfte. Ich
ging zunächst am 26. September zu meinem Vetter, dem Grafen
Bismarck-Bohlen in Karlsburg, und dann am 6. October nach
Putbus, wo ich im Gasthofe schwer erkrankte. Der Fürst und
die Fürstin Putbus gewährten mir eine liebenswürdige Gastfreiheit
in einem Pavillon, der neben dem abgebrannten Schlosse stehn
geblieben war. Nachdem der erste heftige Anlauf der Krankheit
überstanden war, konnte ich die Geschäfte wieder in die Hand