124 XII. Emser Depesche. Begründung des Deutschen Reichs.
Meine Zeilen tragen den Charakter des Feldlebens,
wollen also demgemäß beurtheilt werden, zumal mir nicht
viel freie Zeit zum Bearbeiten und Niederschreiben bleibt,
und beständige Unterbrechungen den begonnenen Faden
zerreißen.
Nachsicht also für redaction und calligraphie.
Gott gebe uns ferner Erfolge wie bisher! Mir will
die Tragweite der Siege, daß wir tiefer nach Frankreich
hineindringen, gewichtiger erscheinen, als ich's ursprünglich
glaubte. Die recht artigen Elsasser und Lothringer sprechen
sich mit Gleichmuth über den baldigen Sturz des Kaiser-
thums, das ausgespielt habe, aus und sehen gleichgültig
der neuen Herrschaft entgegen, wenn nur der Friede ge-
wahrt bleibt, dabei erkennen sie gern dasjenige Gute an, was
der Napoléon dem Lande gebracht hat, sagen aber zugleich,
es ginge einmal auf die Dauer mit solchen corrumpirten
Leuten nicht, wie die es sind, welche ihn umgeben.
Mich freut's, daß die augenblickliche europ. Constellation
uns nicht ungünstig erscheint, und hoffe ich, daß wir bald
zum Abschluß gelangen.
Meiner Ansicht nach müssen wir die Augen schärfer
denn je auf die süddeutschen cabinette gerichtet behalten,
die nur an separatistische Selbständigkeit nach dem Frieden
denken. Ueber Dalwigk höre ich fortdauernd nur Schlechtes;
Varnbühler kann man überhaupt nicht trauen.
Volk und Soldaten werden freilich anders denken,
aber sie legen kein entscheidendes Gewicht in die Waagschaale!
ergebenster
Ef. Bismarck Schönhausen. Friedrich Wilhelm, Kopz.
Kurze Denkschrift für den Fall eines Friedens.
Für den Fall eines glücklichen Ausgangs des begonnenen
und mit siegreichen Erfolgen bereits begünstigten Krieges ist
es Pflicht, sich bei Zeiten klar zu werden:
I. Unter welchen Bedingungen Frieden mit Frankreich ge-
schlossen werden kann,