Erste Anregung. — Buchers Mitarbeit. 5
schrift seiner Erinnerungen und seiner politischen Gedanken
bestärkte und dessen Ausführung vorbereitete. Dem Fürsten
war freilich die unreinliche Arbeit mit Tinte immer unsympathisch,
und sehr schwer würde es gehalten haben, ihn zu einer syste-
matischen Aufzeichnung seiner Erinnerungen zu bringen. Es
mußte also ein anderer Weg gesucht werden, auf dem das
gleiche Ziel erreicht werden konnte, und er fand sich. Fürst
Bismarck war eine mittheilsame Natur, und wenn er nach dem
Frühstück oder nach dem Diner seinen Gästen den reichen
Schatz seiner Erlebnisse und seiner politischen Ideen erschloß,
hing Alles an seinen Lippen. Gelang es, diese Erinnerungen
und Gedanken in einer gewissen systematischen Folge aus ihm.
herauszulocken und die spontanen Aeußerungen mit dem flüch-
tigen Griffel des Stenographen festzuhalten, so war die Grund-
lage zu einem auto-biographischen Werke geschaffen. Das war
freilich nicht so ganz leicht; der Redende ließ sich im Zuge
seiner Gedanken nicht gern unterbrechen, und oft genug führten
ihn diese von Gegenständen der Vergangenheit hinüber in die
Gegenwart, in der er auch nach seiner Entlassung mit voller
Seele lebte. Aber Bucher wurde nicht müde, die einzelnen
Steine zu dem großen Mosaikbilde zu sammeln und jeden an
seinem Platze einzusetzen. Er hatte sich den reichen Stoff nach
den Capitelüberschriften zerlegt, die im Werke selbst geblieben
sind. Nachdem die Lücken gefüllt waren, schrieb er die Capitel
nieder in möglichst getreuem Anschluß an seine stenographischen
Aufzeichnungen, ergänzte sie nach dem Dictate des Fürsten,
wo solche Ergänzung nothwendig erschien, und überwies sie
dann dem Fürsten zur eigenhändigen Redaction. Der Fürst
widmete sich dieser Arbeit mit regem Eifer; das beweisen nicht
bloß die zahlreichen stilistischen Verbesserungen, sondern noch
mehr die oft seitenlangen Ergänzungen, die er mit Beleistift
den einzelnen Capiteln hinzufügte. Immer und immer wieder
kehrte er zu dieser Arbeit zurück, und der Kundige kann leicht
an einzelnen Capiteln eine drei-, ja selbst vierfache Redaction
nachweisen. So sind die „Gedanken und Erinnerungen“ sein
eigenstes Werk, nicht Buchers Werk, wie Uebelwollende
haben behaupten wollen. Bucher war nur der treue Gehilfe