28 V. Die Revolution u. Friedrich Wilhelms IV. deutsche Bestrebungen.
und gerade die früher hervorragend particularistischen reichs-
freundlicher sind als die Fractionen und Parteien.“
Seiner Verstimmung über die selbstverschuldete Nieder-
lage des Königthums gab Bismarck bei seinem ersten Besuche
in Sanssouci (Anfang Juni 1848) Ausdruck, als er ganz gegen
seine Erwartung zum Könige befohlen ward und der Einladung
widerwillig folgte, da des Königs Liebenswürdigkeit ihm keine
Ausflucht gestattete. Aber die Güte Friedrich Wilhelms IV.,
der indirect die Fehler seiner Politik zugab, der thätigen Hin-
gebung aber mehr zu bedürfen erklärte als der Kritik, ent-
waffnete den Grollenden, und während er in der Stimmung
eines Frondeurs gekommen war, dem es gerade recht gewesen
wäre, wenn der König ihn ungnädig fortgeschickt hätte, ging
er mit dem Entschlusse, seinem Könige nach bester Ueberzeugung
zu dienen. Freilich, zu einer festen Wahrnehmung seiner Macht
gegenüber der Nationalversammlung vermochte er den König
für's Erste nicht zu bewegen. Bismarck vermuthet, daß der
König dabei nicht sowohl durch den Zweifel an seiner Macht
geleitet worden sei, als durch die Hintergedanken, „ob nicht
die Berliner Versammlung und der Friede mit ihr und ihrem
Rechtsboden unter irgend welchen Constellationen direct oder
indirect nützlich werden könne, sei es in Combinationen mit
dem Frankfurter Parlament oder gegen dasselbe, sei es, um
nach andern Seiten hin in der deutschen Frage einen Druck
auszuüben, und ob der formale Bruch mit der preußischen
Volksvertretung die deutschen Aussichten compromittiren könne.“
Erst als die Entwickelung der Dinge keine Gelegenheit bot,
die Berliner Versammlung für die deutsche Sache nutzbar zu
machen, ihre Uebergriffe dagegen mit jedem Tage wuchsen,
reifte bei dem Könige der Gedanke, sie an einen andern Ort
zu verlegen oder aufzulösen. Die Schwierigkeit war, ein
Ministerium zu finden, das die Verantwortung zu übernehmen
bereit war. Nach mannigfachen vergeblichen Bemühungen,
Führer der ehemaligen Opposition des vereinigten Landtages,
wie Georg v. Vincke, v. Beckerath, Harkort zu gewinnen, lenkte
sich des Königs Blick auf Graf Brandenburg, der in mili-
tairischem Gehorsam sich des Amtes nicht weigerte, obwohl