Full text: I. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Kaiser Wilhelm I. und Bismarck. (5)

1866 
14. 5. 
— 146 — 
Sie dürften mir das Zeugniß nicht versagen, daß ich stets 
mich bemüht, unsere Finanzen intakt zu erhalten, und deren 
alten guten Ruf wenigstens nicht zu schwächen. Und jetzt sehe 
ich mich Forderungen des Kriegsministers gegenüber gestellt, 
welche zu erfüllen ich keinen sichern Ausweg weiß — nach- 
dem ich der verspäteten Einberufung des Landtags und dessen 
Auflösung nicht fest widersprochen, sondern der Ansicht aller 
meiner Collegen schließlich zugestimmt habe, was ich mir zum 
starken Vorwurf mache. — Allerdings hatte zur Zeit jener Be- 
rathung ich nur von mäßigen Rüstungen Kenntniß und ahndete 
nicht entfernt deren später nach und nach hervorgetretene Stei- 
gerung bis zur Mobilmachung der ganzen Armee. Allein ich 
kann die Situation nicht ändern, kbenne sie auch in manchen 
Punkten zu wenig, um mir ein bestimmtes Urtheil über deren 
weitere Entwickelung bilden zu können. Daß ich eine friedliche 
Lösung stets gewünscht und dafür mich ausgesprochen, wissen 
Sie zur Genüge. 
Da Roon die Mobilmachung der ganzen Armee ohnlängst 
als ein Mittel, um den Frieden vielleicht erhalten zu können, 
bezeichnete, und da Sie uns gestern auf Befragen im allge- 
meinen mittheilten, daß noch Verhandlungen mit Oestreich 
schwebten, so darf und mag ich die Hoffnung nicht aufgeben, es 
werde Ihrem umsichtigen Wirken unter Gottes Beistand ge- 
lingen, uns vor den unabsehbaren Schrecknissen des Krieges 
zu bewahren. 
Der allmächtige Gott, dessen Hand Sie neulich') so wunder- 
bar geschützt, der hat, so meine ich, dadurch deutlich kund ge- 
than, wie Er Gedanken des Friedens mit Ihnen habe, — und 
ich darf nicht fürchten misverstanden zu werden, wenn ich Sie 
so recht von Herzen bitte, die Verhandlungen mit Oestreich so 
zu betreiben und zu beeilen, daß sie bald zu einem für beide 
*) Mordversuch Cohen-Blinds vom 7. Mai 1866.
	        
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