1868
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Anlagen:
(Augsburger Allgemeine Zeitung, 4. Mai 1868.)
Berlin. Was die Stellung der preußischen Regierung
zu der Adreßfrage anlangt, so hält sich der Bundeskanzler
äußerlich sehr zurück. Doch will man wissen, daß er im stillen
um so lebhafter für das Zustandekommen einer Adresse wirke,
die ja, wenn sie wirklich der wahre Ausdruck des Parlaments
ist, der preußischen Regierung in einem so kritischen Moment
wie der gegenwärtige nur erwünscht sein kann. Auch sagt man
daß der König eine solche Adresse, wie farblos sie immer sei,
wenn sie nur den einheitlichen Willen der Nation betone, mit
Freuden entgegennehmen werde, und in diesem Sinne soll sich
auch der Präsident des Bundeskanzleramts, Herr Delbrück,
ausgesprochen haben. Bei dem Gala-Diner, welches vorgestern
im Schlosse dem Zollparlament zu Ehren gegeben wurde, waren
u. a. auch die fremden Militärbevollmächtigten zugegen. Der
französische machte in heiterer Laune gegen seine Tischnachbar-
schaft die witzige Bemerkung: „Man sollte heut eigentlich nur
Mainwein trinken.“ Bei der Vorstellung fehlte es nicht an
komischen Intermezzos und Verwechslungen. So wurde der
klerikale Abgeordnete Diepolder aus Bayern der Königin aus
Versehen als Herr Crämer von Doos vorgestellt, und mußte
gute Miene zu dem bösen Spiele machen, das seine Landsleute
auf Kosten dieses Mißverständnisses mit ihm trieben.
(Spenersche Zeitung, 4. Mai 1868.)
Berlin. Die Revue contemporaine schreibt in der politischen
Uebersicht des eben erschienenen neuesten Heftes über Preußen:
Preußen ist jetzt unser Augenmerk, das Zollparlament ist er-
öffnet, und obschon der König in seiner vor den Vertretern ganz
Deutschlands gehaltenen Rede neue Beweise seiner versöhnlichen
und friedfertigen Gesinnungen gegeben hat, so scheint man doch
das Zollparlament mit Besorgniß und Argwohn überwachen zu