1868
5. 5.
1868
13. 6.
— 174 —
Regierung schickt einen Theil ihrer Armee auf Urlaub. Es
wäre klug, wenn wir diesem Beispiel folgten. Der Nothstand
in unseren Finanzen empfiehlt Ersparnisse und sollte uns an—
rathen, die Hälfte des Heeres, welches das Land untergräbt,
zu beurlauben. Wir sind von ganz verschiedenen Entschließungen
beseelt. Wir denken an neue Ausgaben für die Flotte, welche
durch die dichten Eisenpanzer noch nicht genug geschützt ist, neue
Entdeckungen führen zu diesem neuen Fortschritte und veranlassen
nachtheilige Ausgaben zur Umänderung unserer Seerüstungen.
Preußen läßt das alles geschehen, und es wird nicht seine Schuld
sein, wenn wir uns ruiniren, das Land abmatten, es moralisch
und materiell erschöpfen und dann zu einem Staate zweiten
Ranges herabsinken, da wir doch bei klügerer Politik den ersten
Rang noch wahren könnten.
196.
Berlin den 13 Juni 1868.
Eure Königliche Majestät
bitte ich ehrfurchtsvoll, Allergnädigst mir gestatten zu wollen,
daß ich dem Rathe des mich behandelnden Arztes, mich auf das
Land zu begeben, Folge leiste. Dr. Struck hält grade in dem
gegenwärtigen Stadium meiner Convalescenz einen Landauf-
enthalt für dringend geboten, und erwartet von der frischeren
Luft und der ländlichen Stille die besten Folgen für die
Kräftigung meiner Nerven und meines Gesundheitszustandes.
Mein eignes Gefühl stimmt ganz mit den Rathschlägen des
Arztes überein und läßt mich wünschen, die Abreise nicht länger
hinauszuschieben. Eurer Königlichen Majestät Allergnädigste
Genehmigung gestatte ich mir daher allerunterthänigst dafür
zu erbitten, daß ich übermorgen am Montag den 15ten d. M.
früh Berlin verlassen dürfe, um mich nach Varzin zu begeben.
v. Bismarck.