Full text: I. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Kaiser Wilhelm I. und Bismarck. (5)

1869 
26. 2. 
— 198 — 
glücklich verwöhnt worden, — so daß der jetzige Moment, 
mehr als gerechtfertigt ist, ein Ebranlement erzeugt! Ja, kann 
ein Monarch seinem Premier ein größeres Vertrauen beweisen 
als ich, der Ihnen zu so verschiedenen Malen und nun auch 
jetzt zuletzt noch privat Briefe zusendet, die über momentan 
schwebende Fragen sprechen, damit Sie sich überzeugen, daß ich 
nichts der Art hinter Ihrem Rücken betreibe? Wenn ich Ihnen 
den Brief des Grls von Manteuffel in der Memeler An- 
gelegenheit sendete ), weil er mir ein Novum (: Tottleben 5 
zu enthalten schien und ich deshalb Ihre Ansicht hören wollte, 
wenn ich Ihnen Grls von Boyen Brief mittheilte, ebenso einige 
Zeitungs Ausschnitte, bemerkend, daß diese Piecen genau 
das wiedergäben, was ich unverändert seit Jahr und Tag 
überall und officiel ausgesprochen hätte — so sollte ich 
glauben, daß ich mein Vertrauen kaum steigern könnte. Daß 
ich aber überhaupt mein Ohr den Stimmen verschließen sollte, 
die in gewissen gewichtigen Augenblicken sich vertrauensvoll an 
mich wenden, — das werden Sie selbst nicht verlangen. 
Wenn ich hier einige der Punkte heraushebe, die Ihr 
Schreiben als Gründe anführt, die Ihre jetzige Gemüths- 
stimmung herbeiführten, während ich andere unerörtert ließ, 
so komme ich noch auf Ihre eigne Aeußerung zurück, daß 
Sie Ihre Stimmung eine krankhafte nennen; Sie fühlen sich 
müde, erschöpft, Sehnsucht nach Ruhe beschleicht Sie. Das 
alles verstehe ich vollkommen, denn ich fühle es Ihnen nach; 
— kann und darf ich') deshalb daran denken mein Amt 
niederzulegen?") Ebenso wenig wie ich dies darf, ebenso wenig 
dürfen Sie es! Sie gehören sich nicht allein, sich selbst an; 
Ihre Existenz ist mit der Geschichte Preußens, Deutschlands, 
Europas zu eng verbunden, als daß Sie sich von einem Schau- 
platz zurückziehen dürfen, den Sie mit schaffen halfen. Aber 
damit Sie sich dieser Schöpfung auch ganz widmen können, 
*) Zweifach unterstrichen.
	        
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