Full text: I. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Kaiser Wilhelm I. und Bismarck. (5)

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1877 Bestätigung meiner Ueberzeugung zu entnehmen, daß Deutsch- 
11. 8. land die Hand zu irgend welcher Demüthigung Rußlands nicht 
bieten darf und daß Eure Majestät dem Kaiser Alexander 
„Farbe halten“ wollen, das heißt die neutralité bienv eillante 
durchführen und bei den, jetzt wie zu vermuthen ferner gerückten 
Friedensverhandlungen billige Wünsche Rußlands diplomatisch 
unterstützen; auch solche, die nicht in allgemein christlichen, 
sondern in berechtigten russischen Wünschen ihren Grund haben. 
Solche Wünsche geltend zu machen, wird Rußland allerdings 
nur als Sieger in der Lage sein, und der Sieg wird ihnen 
vielleicht noch länger den Rücken drehn, wenn sie, wie die letzten 
Berichte über eine angebliche dritte Schlacht bei Plevrna 
bekunden würden, falls sie richtig sind —, wenn sie fort- 
fahren, starke feindliche Stellungen schnell und mit unzu- 
reichenden Kräften nehmen zu wollen. Nutzlose Aufopferung 
braver Soldaten ist das einzige Resultat. Eure Mojestät be- 
sorgten, daß die Türken den Kampf vor dem Eintreffen der 
russischen Verstärkungen erneuern würden; nach den Zeitungen 
scheint es aber, daß den Russen die Geduld fehlt, bessere Ge- 
staltungen abzuwarten. Für Eurer Mojestät Politik scheint 
wenigstens eine Frucht schon gereift zu sein, die der richtigen 
Würdigung der deutschen Freundschaft in der öffentlichen Mei- 
nung Rußlands. Die vorjährigen Bestrebungen des Fürsten 
Gortschakow und andrer antideutscher Politiker, eine uns feind- 
liche Fühlung zunächst mit Oestreich, und dann nach Belieben 
mit Frankreich zu finden, Deutschland aber in der Meinung 
des russischen Volkes und Heeres zu discreditiren, sind definitiv 
mißlungen; wir sind mit England in gutem Vernehmen ge- 
blieben, und die früher deutschfeindlichen Moskauer wollen eine 
Adresse an Eure Majestät richten; die Freundschaft Oestreichs 
haben Eure Majestät in Ischl gestärkt, und die bisher uner- 
müdlichen Verläumder der deutschen Politik finden mit ihren 
Fabeln über Kriegsgelüste keinen Anklang mehr. Der Drei-
	        
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