Full text: I. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Kaiser Wilhelm I. und Bismarck. (5)

1878 
3. 12. 
1878 
7. 12. 
— 284 — 
zu Füßen zu legen, daß Gottes Segen in der wieder über- 
nommenen Regirung Eurer Majestät Trost und Genugthuung 
gewähren möge für die Verbrechen und den Undank der Men- 
schen, welche Eure Majestät im Herzen ebenso schwer als äußer- 
lich haben verwunden müssen. 
Der plötzliche Uebergang aus der Gasteiner Kur in die 
Arbeiten des Reichstags scheint meine Herstellung gehindert 
zu haben, so daß ich heut noch nicht wieder so wohl bin, wie 
ich im September war. Wenn aber Eure Majestät die Gnade 
haben wollen, mir noch 4 bis 6 Wochen arbeitfreie Einsamkeit 
und Waldluft zu gestatten, so darf ich hoffen, daß es mir mit 
Gottes Hülfe gelingen werde, mich im Januar für die Ar- 
beiten zur Vorbereitung des Reichstags mit frischen Kräften 
zu Allerhöchstdero Verfügung stellen zu können. Die Reichs- 
tagsverhandlungen werden in diesem Jahre wegen der Noth- 
wendigkeit tief eingreifender finanzieller und wirthschaftlicher 
Reformen besonders schwierig und voraussichtlich von harten 
Kämpfen der Parteien unter einander und gegen Eurer Majestät 
Regirung begleitet sein. An einem schließlichen günstigen Er- 
folge, auf dem finanziellen wie auf dem wirthschaftlichen Ge- 
biete, zweisle ich aber nicht, wenn es gelingt, die Einigkeit des 
Staatsministeriums in sich und mit den wichtigeren Bundes- 
regirungen zu erhalten und der Regirung diejenige Festigkeit 
und Entschlossenheit zu bewahren, welche Eurer Majestät Führung 
uns in allen schwierigen Lagen gewährt hat und der wir, nächst 
Gott, so große Erfolge verdanken. 
v. Bismarck. 
295. 
Berlin 7. 12. 78. 
Niemand hat wohl mehr als ich Ihr Ausbleiben vor- 
gestern bei meiner Rückkehr nach Berlin bedauert; indessen die 
in Ihrem mir durch den Minister v. Bülow übergebenen
	        
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