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ich, wie ich erwarten durfte, die Regirungen einig und bereit
gefunden hätte, für ihre eigenen verfassungsmäßigen Rechte
gegen die Uebergriffe des Reichstags einzustehn. Entmuthigend
aber wirkt auf mich die Wahrnehmung, daß es meinen fort-
schrittlichen und freihändlerischen Gegnern gelungen ist, durch
unwahre Darstellungen an mehr als einem deutschen Hofe
Anklang für ihre Bestrebungen gegen die Politik zu finden, die
ich nach Eurer Majestät Intentionen so führe, wie ich sie ver-
stehe, und bisher mit günstigem Erfolge geführt habe. Ich
hatte im vorigen Jahre noch geglaubt, daß ich in Bezug auf
die Richtigkeit dieser meiner Politik wenigstens des Vertrauens
der deutschen Regirungen sicher wäre; ich habe mich aber über-
zeugen müssen, daß ich im Irrthum war, und daß selbst bei
den ansehnlichsten und am meisten bei den Wechseln europäjüscher
Entwickelung interessirten Dynastien sehr geringe Anlässe hin-
reichen, um der Bewegungspartei gegen mein Streben nach
Erhaltung und Consolidirung beizustehn, mir aber, anstatt mir
zu helfen, durch Kritik die Arbeit zu erschweren, und damit
wenigstens soviel zu erreichen, daß eine Arbeitslast, der ich
überhaupt nicht mehr gewachsen bin, noch gesteigert wird. Wenn
die Zahl meiner persönlichen und politischen Gegner sich mit
der Länge der Zeit, während welcher ich nun schon andern
Bewerbern im Wege stehe, nothwendig vermehrt, so thut es
mir um so mehr leid, daß in demselben Maße meine Wider-
standskräfte mit Jahren und Krankheiten abnehmen. Ich kann
mich der Besorgniß nicht erwehren, daß die deutschen Errungen-
schaften, die unter Eurer Majestät Führung durch die Tapferkeit
der Armee erreicht worden sind, durch den Parteikampf in Parla-
ment und Presse unter Connivenz dynastischer und höfischer Ein-
flüsse schwer geschädigt werden können, namentlich wenn an-
steckende Krisen in den großen Nachbarländern ausbrechen sollten.
Ich würde es für ein hartes Geschick halten, wenn ich Ent-
wickelungen, die ich bekämpfe, die ich aber nicht hindern kann,
1880
13. 6.