Full text: I. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Kaiser Wilhelm I. und Bismarck. (5)

1854 
17. 3. 
in der Wahl dieses Momentes bleibt uns unverkümmerter, 
wenn wir der Convention nicht beitreten. Trotzdem würde ich 
von der Unterzeichnung nicht abgerathen haben, wenn ich über- 
zeugt gewesen wäre, daß unsre fernere Haltung frei von Furcht 
vor dem Westen geblieben wäre. 
3. Mein Programm für die Zukunft ist vor allen Dingen 
eine rückhaltlose Unterstützung der Ausführung derjenigen Be- 
schlüsse, welche Seine Majestät fassen werden. Die Unterschiede 
zwischen den verschiednen vor uns liegenden Wegen erscheinen 
mir, besonders mit Rücksicht auf die Ungewißheit der Ereignisse, 
nicht so zwingend als die Nothwendigkeit, den Weg, welchen 
wir wählen, unter einheitlicher Leitung und in geschlossner Dis- 
ciplin zu gehn. An dem Gange des Staatswagens zu rütteln 
oder ihm Hindernisse zu bereiten, würde ich mich nur dann für 
berufen halten, wenn ich im Stande wäre, ihn ohne Weitres 
in ein andres, von mir für besser gehaltnes Geleise zu ver- 
setzen. Soweit mir die Allerhöchsten Intentionen bekannt ge- 
worden sind, gehen sie für jetzt dahin, Oestreich vor der Ab- 
hängigkeit von den Westmächten oder von Rußland zu bewahren, 
und im Verein mit dem Wiener Cabinet und dem Deutschen 
Bunde eine möglichst selbstständige Haltung einzunehmen. 
Bei der jetzigen Lage Oestreichs nach Innen und nach 
Außen glaube ich, daß wir in dieser Dreiheit die Stärksten 
sind, und sie dominiren können, wenn wir den ernstlichen Willen 
dazu haben. Unter den obwaltenden Umständen, und nachdem 
mein Preußischer Ehrgeiz sich, seit ich in Berlin bin, bedeutend 
abgekühlt hat, bin ich persönlich mit dieser Politik unumwunden 
einverstanden, würde ihr aber aus Gehorsam gegen Seine Majestät 
auch dann mit allen Kräften dienen, wenn ich es nicht wäre. 
In tiefster Ehrfurcht verharre ich 
Berlin den 17 März Eurer Königlichen Hoheit 
1854. unterthänigster 
v. Bismarck.
	        
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