Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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sein, um weitere Andeutungen über seine Persönlichkeit un- 
nöthig zu machen; indeß kann ich nicht umhin zu bemerken, 
daß die Ruhe und Leichtigkeit, mit welcher er falsche Thatsachen 
aufstellt oder wahre bestreitet, meine in dieser Beziehung ziem- 
lich hochgestellten Erwartungen doch übertrifft und ihre Er- 
gänzung findet in einem überraschenden Grade von Kaltblütig- 
keit im Fallenlassen eines Gegenstandes oder Veränderung der 
Front, sobald das falsum, von welchem er ausgeht, unaus- 
weichbar zur Anerkennung gebracht wird. Nöthigenfalls deckt 
er einen derartigen Rückzug durch ein Aufbrausen sittlicher 
Entrüstung oder durch einen oft sehr persönlichen Angriff, mit 
welchem er die Discussion auf ein neues und heterogenes Ge- 
biet überträgt. Seine hauptsächlichen Waffen in dem kleinen 
Kriege, welchen ich da, wo die Interessen divergiren, mit ihm 
führen muß, sind 
1. passiver Widerstand, d. h. die Verschleppung der Sachen, 
durch welche er mir die Rolle eines unruhigen und nach der 
Natur der Sachen oft kleinlichen Mahners zuschiebt, und 
2. beim Angriff das fait accompli anscheinend unbedeuten- 
der Uebergriffe der Präsidialmacht, die gewöhnlich so berechnet 
sind, daß die Zurückweisung von meiner Seite den Charakter 
eines Aussuchens von Streitpunkten oder einer sylbenstechenden 
Kritik annehmen muß. 
Es ist danach kaum möglich für mich, ihm gegenüber nicht 
den Schein der Unverträglichkeit auf mich zu ziehen, wenn ich 
nicht den Interessen Preußens in einem Maße vergeben will, 
welches aus jeder Nachgiebigkeit Anlaß zur Steigerung ent- 
nehmen würde. Noch in den letzten Tagen war ich genöthigt, 
ihn wegen eigenmächtigen Aufnehmens einer Anleihe von 
370000 fl. für den Festungsbau zur Rede zu stellen, bei welcher 
Gelegenheit er sich auf „Hunderte“ von Präcedenzfällen, von 
denen er mir jedoch keinen einzigen namhaft zu machen wußte, 
berief. Demnächst behauptete er, daß eine gewisse discretionäre 
1853 
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