Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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Falle bald zu dieser bald zu jener Oeffnung heraussieht 1854 
und die Nase überall da zurückzieht, wo man drausschlägt. 6.1. 
Graf Buol widerruft heute, was er gestern gesagt hat. Man 
kann dem Grafen daraus einen so großen Vorwurf nicht 
machen. Denn abgesehen davon, daß die Stellung Oesterreichs 
mit einer reducirten Armee, zerstörtem Credit und nicht 
organisirten Völkerschaften als unmittelbar betheiligte Macht 
in der That eine verzweifelte ist, soll nach sehr zuverlässigen 
Nachrichten, die mir aus Wien zugehen, die Wirthschaft dort 
im Central-Punkt eine höchst traurige sein. Graf Buol hat 
weder beim Kaiser noch bei seinen Collegen Geltung, das Militär- 
Cabinet Sr. Moajestät pfuscht ab und zu in die Diplomatie 
hinein und verschiebt Alles, überdieß ist Meyendorff so un- 
liebenswürdig und verdrießlich wie möglich. Was Oesterreich 
eigentlich will, ist schwer zu sagen. Vor allen Dingen wohl so 
lange als möglich sich aus der Sache, die ihm doch wegen der 
Nachbarschaft auf die Nägel brennt, herauszuhalten. Man will 
es mit dem Kaiser von Rußland nicht verderben, gleichwohl 
giebt Herr v. Hübnerv) in Paris die wunderbarsten Erklärungen 
ab, so daß polizeiliche Nachrichten sogar versichern, Oesterreich 
habe dort, um den Stoß von seinen Italienischen Grenzen ab- 
zuwenden, Propositionen wegen Ueberlassung unserer Rhein 
Provinz an Frankreich gemacht. Ich glaube dieß zwar nicht, 
will aber doch den Gedanken an solche Abfindung im Hinblick 
auf frühere Vorgänge des Hauses Habsburg-Lothringen nicht 
ganz unmöglich halten. 
Wir haben uns bisher so ziemlich in unfrer ursprünglichen 
Stellung maintenirt. Die Mission des Grafen Pourtalès nach 
London hat den Zweck, das Terrain dort besser, als es der un- 
praktische Bunsen?'“) der Preußischen Wahrnehmung zu bringen 
*) Oesterreichischer Gesandter in Paris. 
* ) Preußischer Gesandter in London. 
Aus Bismarcks Brieswechsel. 10
	        
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