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einer starken Kirche festzuhalten. Ohne die Preußischen Zu-
stände als Muster empfehlen zu wollen, würden wir mit den
auf diesem Boden gewonnenen Erfahrungen der Regierung
vielleicht nützlich sein können und zu jeder Mittheilung be-
reit sein.
Die Hauptsache aber für den Augenblick würde sein, daß
die Regierung sich weder einschüchtern noch durch scheinbare
Nachgiebigkeit zu unerfüllbaren Hoffnungen verleiten lasse und
sich vor Allem nicht durch Eile und Eifer das Terrain ver-
derbe, indem sie ein Gefühl der Schwäche und ein Bedürfniß
der Beilegung zeigte, wozu nach meiner Ansicht kein Grund
vorhanden ist. Die Zeit läuft in diesem Falle für die Re-
gierung; das hat sich schon jetzt bewährt und dürfte auch für
die Zukunft nicht zu bezweifeln sein.
Ich brauche Ew. Hochwohlgeboren nicht erst bemerklich zu
machen, daß die obige Darlegung nicht unmittelbar für die Groß-
herzogliche Regierung bestimmt ist. Wir können nicht die Absicht
haben, derselben unseren Rath über das von ihr einzuschlagende
Verfahren aufzudringen. Ich habe vielmehr die vorstehenden
Bemerkungen, wie sie sich vom hiesigen Standpunkt aus mir
ergeben haben, zunächst nur Ihnen zur eigenen Erwägung
vorlegen wollen und überlasse Ihrer Beurtheilung, davon, sei
es durch Vorlesen, sei es in Ihren Unterhaltungen denjenigen
Gebrauch zu machen, den Sie nach der Ihnen nun gewordenen
Anschauung der Verhältnisse für geeignet erachten. Es ist mir
aber allerdings wünschenswerth, daß die Großherzogliche Re-
gierung auch diese Gesichtspunkte ins Auge fasse und dieselben
ihrem ganzen Umfange nach einer reiflichen Erwägung unterziehe.
Der Ausgang des Conflicts in der Ober-Rheinischen Kirchen-
Provinz kann von entscheidenden Folgen für die ganze Stellung,
ich will nicht sagen, der Römischen Kirche, sondern der ultra-
montanen Parthei in Deutschland werden, und wenn die Ba-
dische Regierung ausharrt und abwartet, so kann dieser Conflict
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28. 1.