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Ein Bündniß zur Defensive mit gegenseitiger Garantie der
Gränzen ohne weitre Bedingungen war möglich, wenn Oestreich
neutral bleiben wollte; will es aber Krieg führen, so müssen wir
wissen, gegen wen, zu welchem Zweck, mit welchen Mitteln, ehe
wir von seinen Entschlüssen die unfrigen abhängig machen können.
Unfre bisherigen Interessen sind defensive, die Ausdehnung
unfrer Defensive ist durch unfre Bundespflichten bedingt;
deutsche Interessen zu vertheidigen, weigern wir uns nicht,
können aber bisher nicht beurtheilen, ob das, was Oestreich
mit den vereinten preußisch-deutsch-östreichischen Kräften be-
ginnen will, innerhalb der deutschen Interessen liegt.
Will Oestreich erobern, will es die russische Armee an-
greifen? Zu beidem kann es unfre Mitwirkung nicht ohne
Weitres verlangen, will es nur Ruhe innerhalb seiner jetzigen
Gränzen, zu deren Behuf Versprechungen von Rußland und
Erlaubniß, Unruhen auch auf türkischem Gebiet innerhalb ge-
wisser Demarkationslinien zu unterdrücken, auch Gebiete besetzt
zu halten, so helfen wir ihm mit Wort und Feder dazu. Wirk-
lichen militärischen Beistand kann es nur verlangen, wenn
Deutschland in Kriegsgefahr geräth, ohne daß Oestreich solche
durch muthwillige Aggression provocirt. Darüber hinaus reicht
weder unfre Pflicht noch unser Interesse; und sollen wir weiter-
gehn, so muß Oestreich uns ein bestimmtes gemeinsames Ziel
nennen und sein Vorhaben definiren.
DQuid et ubi, quibus auxilüs, cur quomodo quando.
Auf der Rückseite eines Zettels (Einladung zu einer am 14. März 1854,
Vorm. 10½ Uhr, in Wilhelmstr. 76 abzuhaltenden Conferenz).
Die Regirung ist entschlossen, Preußen unter allen Um-
ständen die ihm gebührende Mitwirkung zur Erhaltung des
Europäischen Gleichgewichtes zu wahren, bisher aber müssen
wir uns sagen, daß Preußen nicht in gleichem Maße wie andre
Staaten vermöge seiner geographischen Lage und seiner über-
seeischen Verbindungen der Beruf obliegt.