Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

— 200 — 
1854 zu decken, so unangenehm ihnen dessen Politik auch sein mag. 
25.7. Nur die bestimmte Beseitigung dieser letztern leichtsinnigen und 
unbilligen Hoffnung wird das Wiener Cabinet vielleicht ab- 
halten, muthwillig mit Rußland Händel zu suchen. Große 
Stücke können wir auf die Mittelstaaten nicht bauen; aber wir 
können den Grad von Vertrauen bei ihnen wiedergewinnen, 
den wir vor 1848 besaßen, und der in ihrer größern Gleich- 
artigkeit mit uns als mit Oestreich wurzelt. Sie sind jetzt 
antifranzösisch, vielleicht mit Ausnahme von Darmstadt. Die 
Ursache dieser Erscheinung mag theils in persönlichen Disposi- 
tionen der regirenden Herrn, theils in Revolutionsfurcht und 
in dem Umstande liegen, daß die jetzige Herrschaft in Frank- 
reich nur auf zwei Augen steht, und daß sichre Objecte der 
Begehrlichkeit, welche durch Frankreich erworben werden könnten, 
nicht mehr vorhanden sind. Die geistlichen Güter, Reichsstädte 
und kleinen Territorien sind vertheilt, und die 7 Jahre harter 
Dienstbarkeit welche man, um diese Rahel zu erwerben, im 
Rheinbunde durchgemacht hat, sind in zu guter Erinnerung, 
um der Neigung eine Lea durch ähnliche Knechtschaft zu ver- 
dienen, nicht die Wage zu halten. Demungeachtet kann ein 
fortgesetzter von Preußen und Oestreich gegen die Mittelstaaten 
geübter Zwang denselben bald die Lust erwecken, lieber selb- 
ständig als unter der Vormundschaft dieser beiden Mächte mit 
Frankreich zu gehn. Es kommt dahin schließlich, wenn die 
Regirungen nicht wenigstens bei Preußen eine Anlehnung und 
eine kräftige Vertretung der wirklichen deutschen Interessen, 
ohne die von Oestreich sogenannten, finden. Bezeichnend ist, 
daß Frankreich die Züchtigung der Bamberger durch Noten 
allein den Engländern überläßt, sich selbst aber freundlich zu 
den Mittelstaaten fortwährend zu stellen sucht. 
Wenn ich kein unbedingtes Vertrauen auf eine dauernd gute 
Gesinnung der Bamberger gegen uns setze, so fürchte ich daß 
ihre Gefühle für uns immer noch treue Hingebung zu nennen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.