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sind, im Vergleich mit denen, die Graf Buol, Bach') und 1864
andre Epigonen Schwarzenbergischer Politik, im Bündniß mit **
den Ultramontanen, im Innern ihrer Herzen gegen uns hegen.
Das jetzt in Oestreich gehandhabte System germanisirender
Centralisation bedarf zur Lösung seiner Aufgabe einer engern
organischen Verbindung mit, und einer strafferen Hegemonie in
Deutschland. Die Strebungen der Ultramontanen gehn für
jetzt mit denen der ehrgeizigen Wiener Hand in Hand. Für
beide ist Preußens Machtstellung in Deutschland der härteste
und schwerste Stein des Anstoßes. Derselbe verliert an Be-
deutung in demselben Maße, als der Unterschied zwischen
Preußens und Oestreichs physischer Kraft zunimmt, und sich in
seiner Bedeutung demjenigen nähert, welcher zwischen Preußen
und Bayern stattfindet. Je höher Oestreich steigt, desto mehr
schrumpft der Abstand zwischen uns und den Mittelstaaten für
den Maßstab der Politik zusammen. Wir können also, abgesehn
von allen übrigen in der orientalischen Frage liegenden Motiven
für unfre Entschließungen eine Vergrößerung Oestreichs nicht
zugeben, wenn wir nicht mindestens in demselben Maße wachsen.
Wenn Oestreich zum Kriege mit Rußland gelangt, so wird
es sich auf die Dauer der Mitwirkung zu denjenigen Plänen,
welche die Westmächte in Betreff einer Herstellung Polens
haben möchten, nicht mit Erfolg widersetzen können. Diese
Pläne sind bisher in London und Paris niemals ehrlich zurück-
gewiesen worden, und dürften, als einziges Mittel zu einer
nachhaltigen Verminderung der russischen Macht, früher oder
später mit mehr Entschiedenheit in den Vordergrund treten.
Oestreichs Interesse gegen die Herstellung Polens ist minder
tief gehend, als das von Preußen und Rußland, schwerlich so
tief, daß man deshalb nach dem Bruch mit Rußland sich mit
dem Westen zu entzweien nöthig halten würde. Ich glaube
*) Oesterreichischer Minister des Innern.