— 218 —
103.
Otto v. Manteuffel an Bismarck.
Euer Hochwohlgeboren
1854 danke ich verbindlichst für Ihr geneigtes Schreiben v. (27.)*)
80. 11. d. M.**). Allerdings glaube ich auch, daß Sie in diesem Augen-
blicke nicht füglich werden von Frankfurt abwesend sein können,
und daß Ihre Stelle in der Ersten Kammer daher für den
Anfang wird leer bleiben müssen. Dieß bedaure ich nicht nur
für mich persönlich, sondern auch für die Kammer, welche, ein
neuer und mehr oder weniger unschmackhafter politischer Brei,
wohl eines erprobten und energischen Hefenstoffes bedürfen wird,
wenn sie vor dem Verderben bewahrt und zu einem guten
Brot= oder Kuchen-Teig gemacht werden soll. Doch die alte
Regel: Herrendienst geht vorl muß wohl auch hier Platz greifen.
Euer Hochwohlgeboren schreiben mir nichts über die neueste
Gestaltung unserer politischen Dinge. Ich bin Ihnen dankbar
dafür, denn ich weiß, daß Sie nach Ihren Briefen an General
v. Gerlach#) damit nicht einverstanden sind, und daß Sie gegen
das fait accompli nicht zu Felde zichen wollen. Aus dem-
selben Grunde und überdieß, weil ich die Motivirung Ihrer
Ansicht nicht genau kenne, will und muß ich mich einer Wider-
legung derselben enthalten, bitte aber doch Ihnen mit zwei
Worten sagen zu dürfen, wie ich die Sache aufgefaßt habe.
Als unsere Differenz mit Oesterreich schärfer hervortrat, als
die Darmstädter Coalition in Masse von uns abfiel oder doch
im Abfallen begriffen war, so daß Graf Buol mit Recht zu
Herrn v. d. Pfordten sagen konnte, die absolute Majorität für
Oesterreich liege bereits in seinem Tischkastenf), da richteten
*) Datum fehlt im Original.
**) Preußen im Bundestage, II, No. 59 S. 104 ff.
* ) Vgl. Bismarcks Briefe an Gerlach (Ausg. v. H. Kohl), S. 177 f.
) Vgl. Gerlachs Denkwürdigkeiten II, 242.