Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

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wir die bekannten Fragen an Oesterreich"'). Dieses hat uns 1854 
darauf in zwei ostensibeln und in einer geheimen Depesche“.) 30. 11. 
geantwortet. Die ersteren waren im Grunde abweisend, die 
letztere aber eingehend. Ich verkenne die verschiedenen Hinter- 
thüren, die sich auf gut Oesterreichisch in der letzten finden, nicht, 
aber Herr v. Budberg selbst erkennt an, sie enthalte ein Pro- 
gramm, wie es selbst Rußland nicht anders verlange. Gleichwohl 
hätten wir, — das erkenne ich vollkommen an —, die Sache 
unschwer zum Bruche treiben können, ohne uns für den Moment 
in eine große Gefahr zu stürzen. Was wäre aber der Erfolg 
gewesen? Oesterreich wäre dann entschieden in das Lager der 
Westmächte getreten, hätte auf dem Bundestage ein Votum 
gegen uns provocirt, dem wir uns nicht hätten fügen dürfen, 
— genug alle Dinge wären dann auf die Spitze und zum 
Bruche getrieben worden. War es dazu der richtige Moment? 
Wir wußten, daß die Werbungen der Westmächte um Oester- 
reichs Gunst lebhafter waren als je, wir wußten, daß der Kaiser 
von Rußland im Begriffe stand, die 4 Punkte"“) anzunehmen, 
was er oder seine Diplomaten nur zu lange verzögert hat 
(Budberg hat die Depesche hier 8 Tage im Pult gehabt), wir 
wußten, daß die Oesterreichische Strömung gerade jetzt in 
Deutschland herrschte und daß Herr v. d. Pfordten, auf den ich 
als Staatsmann nach meinen letzten Erfahrungen gar nichts 
*) Durch die Depesche vom 30. October 1854 schlug Manteuffel 
vor: Oesterreich solle sich durch eine förmliche Uebereinkunft verpflichten, 
gemeinschaftlich mit den andern contrahirenden Theilen an Rußland 
eine neue Aufforderung zur Annahme der Grundlagen des Friedens 
zu richten; erst das Ergebniß dieses Schrittes solle dariber entscheiden: 
1) ob Deutschland sich verpflichte oder nicht, Oesterreichs Position in 
den Donaufürstenthümern zu vertheidigen, 2) ob Deutschland ihm seine 
ganze Freiheit der Handlungsweise gegen Rußland zugestehen wolle 
oder nicht, Jasmund a. a. O. I, No. CCLXVI u. CCOLXVIa CS. 383 ff. 
**) Alle datirt vom 9. November, Jasmund a. a. O. CeLTKVII 
bis CCLXX S. 387 ff. 
*F) S. Anhang Bod. I, 25 Anm.“)
	        
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