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1855 Die Westmächte machen kein Hehl daraus, daß sie ihn zwar
5.1, wünschen, aber nicht eher, als bis Sebastopol genommen ist.
Da nun dieser Erfolg ziemlich im weiten Felde liegt und nach
meinen Nachrichten die Russen am 12. Januar sogar in die
Offensive übertreten wollen, so sehe ich die Möglichkeit des
Friedens nicht ab. Fürst Gortschakoff hat sich in der Conferenz
selbst meines Erachtens nicht ganz klug benommen'), so gut er
auch nachher operirt hat.
Des Königs Majestät gaben mir zu bedenken, ob ich Euer
Hochwohlgeboren nicht hierher citiren sollte, um wie Allerhöchst-
derselbe sich ausdrückte „an der Quelle“ zu schöpfen. Ich trage
aber Bedenken dieß gerade jetzt zu thun, wo Sie dort vielleicht
sehr nöthig sind, stelle indeß zur Erwägung, ob Sie es für
angemessen halten, und stelle event. telegraphische Anfrage
anheim.
Soeben sind wir bei der Präsidenten-Wahl gründlich
geschlagen"“), und es rückt nun die Frage der Kammer-Auf-
lösung ernstlich näher. Vielleicht könnte man auch nur einfach
schließen.
Meiner Seits muß ich aber schließen, wünsche Ihnen und
den Ihrigen Glück zum neuen Jahr und verharre mit aus-
gezeichneter Hochachtung
Euer Hochwohlgeboren
ganz ergebener Diener
Manteuffel).
Berlin, d. 5. Januar 1855.
*) Ortg.: genommen.
**) Gewählt wurde Graf Schwerin-Putzar, der Führer der liberalen
Oppositionspartei.
“) Bismarcks Antwort vom 7. Januar s. Preußen im Bundes-
tag II,, No. 77 S. 139 ff. Bismarck reiste am 8. nach Berlin und aß
am 10. Januar beim Könige, Gerlachs Denkwürdigkeiten II, 268.