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118.
Graf Alexander Keyserling an Bismarck.
Raiküll, d. 13/25. Februar 1855.
Theurer Jugendgenosse.
1855 Deine Zeilen vom 29ten Dec.') durch einen Reisenden des
25.2. Hauses de Luze wurden mir in Mitau übergeben, wo ich mich
einige Tage unter alten Bekannten mit heiteren Erinnerungen
ergötzte. Sie trugen so sehr dazu bei, mich in die Zeiten der
eignen jugendlichen Träume zurückzuversetzen, daß Mr. Layard
bei der Entdeckung der ersten Keilschriften von Niniveh nicht
größere, gewiß aber weniger begründete Freude empfunden
hat, als mir der Anblick Deiner Schriftzüge erregte. Sie sind
fester geworden, übrigens unverändert und zeugen von mehr
Charakter, als ein Diplomat mit Bequemlichkeit gebrauchen
kann, wie es mir an den verschiedenen Höfen, die ich mit den
Augen eines Paläontologen bisher habe beobachten können,
geschienen hat. Erinnerst Du Dich nicht dessen, daß Du mir
in wahrscheinlich lichten Momenten vorhergesagt hast: Consti-
tution unvermeidlich, auf diesem Wege zu äußeren Ehren, außer-
dem muß man innerlich fromm sein? Ich wollte Dich besternte
Excellenz als weiser Pilger, als armer Bruder Graurock, als
ein Versenkter in den Freuden des ewigen Geistes dann auf-
suchen. Das Geschick hat gezeigt, daß ich in der Ausführung
der Jugendträume schwächer gewesen bin als Du. Nachdem ich
in einer innigen Allianz mit dem Präsidenten der Geologischen
Gesellschaft von Frankreich und England, — die beiläufig sich
besser bewährt hat als die entsprechenden politischen Alliancen, —
Rußland geognostisch durchforscht hatte und in hochmüthiger
Selbstzufriedenheit auf den einsamen Pfaden der Wissenschaft
*) Concept nicht vorhanden.