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sodann den zweiten Vorwurf betrifft, so erkenne ich an, daß 1855
vom ständischen Standpuncte aus der Erlaß des Gesetzes so 29.12.
kurz vor der Zusammenberufung der Kammern eine Be-
schränkung der ständischen Mitwirkung begreift. Aber will man
den Zweck, so muß man auch vor den Mitteln nicht zurück-
schrecken. Ein solches Gesetz durch die Kammern zu kriegen,
ist unmöglich, und hatten wir daher nur die Wahl, das Gesetz
ohne ständische Mitwirkung zu erlassen oder nichts zu thun.
Außerdem muß man nicht übersehen, daß die Stände das Recht
haben, auf Wiederaufhebung des Gesetzes anzutragen und die
Regierung verpflichtet ist, diesem Antrage dann Folge zu
leisten.
Mit der Bitte, unseren jüngsten Schritt in der Reaction
aus diesem Gesichtspuncte zu betrachten, sage ich Ihnen ein
herzliches Lebewohl und bitte Sie mir Ihre so werthen freund-
schaftlichen Gesinnungen zu bewahren.
Der Ihrige
A. Gr. v. Platen).
127.
Graf Platen an Bismarck.
Hannover 2/12. 56.
Verehrtester Freund!
Soeben erhalte ich die Nachricht, daß der Königl. Dänische 1856
Minister Scheel von Altona, wo er sich seit einigen Tagen be= 2.12.
findet, nach Berlin sich begeben wird. Der Zweck dieser Reise
ist eine Entrevue mit Herrn von Manteuffel, den er von den
Gefahren in Kenntniß setzen will, welche eine Beschwerde in
der holsteinischen Angelegenheit am Bunde zur Folge haben
*) Bismarck beantwortete den Brief laut handschriftlicher Notiz
am 7. Januar 1856.