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sich mehr als homme de sciences und Bewunderer unserer 1857
militärischen Einrichtungen zu geriren haben, als daß er auf 5.5.
irgend ein politisches Thema eingehe. Mein Rath war, daß
er sein Tagebuch über seine letzte Reise nach Lap= und Island
benutze, um das Interesse des Königs anzuregen. Außerdem
dürfte er wenig und dies womöglich in deutscher Sprache zu
sprechen für gut finden. Doch weiß ich nicht, wie der Eindruck
seiner Persönlichkeit namentlich bei den Damen des Hofes sein
wird, da dies stets für ihn eine Klippe war'). Hatzfeldt ist aus-
nahmsweise nach Fontainebleau eingeladen, worin wohl auch
mehr eine sachliche, als wie gewisse Leute stets wähnen — eine
persönliche Attention liegt. Es scheint mir klar, daß der Kaiser
bei seinen nächsten Plänen auf England wenig zu rechnen an-
fängt. Bisher hat Lord Palmerston ihn nur in allerlei eng-
lische Händel verstrickt und wird es stets thun, solange das
Gebilde einer westmächtlichen Solidarität noch nicht durch andere
politische Nothwendigkeiten verdrängt ist. Letztere treten jetzt
immer mehr hervor. Wir brauchen nur an die Donaufürsten-
thümer und die skandinavische Frage zu denken. An uns wird
es sein, kein allzugroßes empressement (à la Orloff)““) zu zeigen
und die Wege, die von Paris zu uns und über uns fort nach
Petersburg führen, zu ebnen; das Weitere wird die europäische
Situation an die Hand geben.
Rothan?““) hat mit großer Freude erfahren, daß Sie sich
dem Grafen Walewski gegenüber günstig über ihn ausgesprochen
haben. Er ist auch in Bezug auf die Reise des Prinzen Na-
poleon unserem Interesse förderlich gewesen, und Sie würden
ihm eine große Genugthuung verschaffen, wenn es Ihnen ge-
länge, für ihn den ihm längst zugedachten Orden zu erlangen.
Eine an Manteuffel direct gerichtete Bitte würde besser zum
*) Man vgl. dazu den Bericht Gerlachs, Denkwürdigkeiten II, 499f.
%Vertreter Rußlands auf dem Pariser Congreß.
Legationssecretär bei der französischen Gesandtschaft in Berlin.