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jetzt gehen die Dankadressen über unsre Köpfe nach Wien. 1857
Recht politisch kann ich das nicht finden. Die Lübecker sind 16. 12.
auch hier und wollen nur 600000 Thlr. haben und werden
sie nicht bekommen, obgleich 30 Millionen in Barren in den
Kellern der Bank und 7 bis 8 im Staatsschatz liegen. Dem
Prinzen') geht es wieder ganz gut, in Charlottenburg ist es
indeß beim Alten; nicht von einem Tage, sondern von Stunde
zu Stunde ändert sich der Zustand, und daher kommen auch
die widersprechenden Gerüchte. Wie es im Januar sein wird,
kann niemand mit Gewißheit voraussagen. Wahrscheinlich ist
das Schlimmste, d. h. Verlängerung der Stellvertretung auf
weitere 3 Monate, d. h. Verlängerung und Befestigung der
ministeriellen Omnipotenz. Inzwischen wird auf die Reise des
Prinzen Vater zur Hochzeit?“) gedrängt. Ich halte es für
leichtsinnig in einer Zeit der Krise über Wasser zu gehen, finde
überhaupt, daß es nicht gut aussieht. Es wäre indeß nicht das
erste Mal, daß weiblicher Einfluß mich überwunden hätte, und
so sehe ich denn in dieser Frage und obgleich der Prinz noch
keine Entscheidung getroffen hat, einer Niederlage entgegen.
Heut haben wir großes ministerielles Diner.
Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin und seien Sie
versichert der aufrichtigen Freundschaft
Ihres ergebenen C. v. d. Golgz.
131.
Der Prinzregent von Preußen an den Kaiser
von Oesterreich.
Berlin, den 15. Februar 1858.
Ew. Kaiserliche Majestät haben die Gnade gehabt, durch 1858
Allerhöchst Dero Gesandten, den Baron Koller, mir die schmeichel= 15.2.
*) Von Preußen.
**) Des Sohnes Friedrich Wilhelm mit der Prinzessin Victoria.