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144.
Bismarck an General Gustav v. Alvensleben.
Petersburg 14. Mai 59.
Lieber Alvensleben
1859 Die anliegende Abschrift eines Briefes an Schleinitz hatte ich
14. 5. eigentlich für den Fürsten von Hohenzollern“) bestimmt; nachdem
sie aber fertig war, wurde ich zweifelhaft, wie Se. Hoheit sich
wohl im innersten Herzen zu diesen Dingen stellen mag, und
ob er es nicht übel nimmt, wenn ich ihm eine Abschrift eines
Briefes an seinen Collegen Schleinitz schicke, als ob ich den
Herrn nicht so viel Intimität unter einander zutraute, daß sie
sich von selbst einander mittheilen werden, was ihnen zu wissen
frommt. Ich glaube auch, daß Schleinitz mein Schreiben Sr.
K. H. dem Regenten nicht vorenthalten wird, obschon ich kaum
hoffe, daß es dort goutirt wird. Wenn Sie Neigung und
Gelegenheit haben, dem Prinzen den Funken Königlichen Ehr-
geizes in diesem Sinne anzublasen, so möchte ich Sie bitten,
den Inhalt der Anlage so zu benutzen, daß ich Ihnen in Form
besondern Briefes dieselben Dinge wie an Schleinitz geschrieben,
was ja doch nur auf Kopf und Schwanz ankommt, und auf
den Irrthum, ob Sie schon die innere Excellenz auch äußerlich
führen oder nicht. Es ist sonst immer ein Element von Miß-
trauen und Verstimmung, wenn ich an Schleinitz schreibe, und
gleichzeitig Ihnen Abschrift schicke, und der Prinz das etwa
verlauten läßt.
Ich darf annehmen, daß meine Frau nun endlich das
blutende Herz von Frankfurt losgerissen haben wird, und sich
Ihres Wiedersehns in Berlin bereits erfreut hat. Ich hoffe sie
im Juni oder July aus Pommern abholen zu dürfen, da ich
*) Karl Anton, Präsident des Staatsministeriums.