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ich der Gerechtigkeit ihrer Auffassungen zugänglich geworden sei. 1859
Weiche ich der Antwort aus, so heißt es, daß ich mich nur mit 29.5.
Russen, Franzosen und Engländern einlasse, gegen den deutschen
Landsmann aber den boutonnirten Großmachts-Vertreter spiele.
Vertrete ich ehrlich den Standpunkt unfrer Regirung, indem
ich uns die Initiative in Deutschland gewahrt wissen will, und
mich bemühe, Illusionen aufzuklären und leidenschaftlichen Hoff-
nungen keine Ermuthigung zu geben, so werde ich in den hie-
sigen deutschen Kreisen und in Berichten nach Hause als Bona-
partist und Verschwörer gegen Deutschland angeklagt, mit allen
den Uebertreibungen und Entstellungen, welche ich von Frank-
furt her gewohnt bin, und welche seit 8 Jahren so oft ihren
Ausdruck in Beschwerden über mich, bis in die fürstlichen Privat-
Correspondenzen hinein, gefunden haben. Der Uebelstand ist,
daß die Vertreter der kleinern Staaten nichts zu thun haben,
oder sich doch für die Geschäfte, welche der Schutz ihrer Lands-
leute mit sich bringt, nicht interessiren, sondern auf Klatschereien
hin große Politik treiben, wenn ihnen der geschäftliche Anhalt
dazu fehlt. Graf Münster ) geht glücklicher Weise am Mittwoch
sort. Er ist der Aufgeregteste, unter seiner Hülle niedersüchsi-
schen Phlegmas, und vermöge unfrer näheren persönlichen Be-
kanntschaft ist es für mich doppelt schwierig, auf die Fragen
die er als „guter Freund“ zur Discussion bringt, mich als
Diplomat so auszusprechen, daß ich möglichst wenig Stoff zur
Berichterstattung und zur Beschwerde gebe. Könneritz" ) affichirt
eine lebhafte Begeisterung für Preußen, schilt über Beust und
über Oestreich und spricht, als ob er unter einem Ministerium
Carlowitz fungirte. Montgelas) ist in tiefster Verstimmung
über die Entwerthung der östreichischen Papiere, und scheint son-
derbarer Weise das Mittel, diesem abzuhelfen, in der Verall-
*) Hannöverscher Gesandter in Petersburg.
**) Kgl. Sächsischer Gesandter in Petersburg.
*#7# #) Bayerischer Gesandter in Petersburg.