Full text: II. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen. Aus Bismarcks Briefwechsel. (6)

— 299 — 
sehr guten Eindruck gemacht. Auch mir ist es sehr erfreulich 1% 
gewesen, daß man unsere Mobilmachung in Petersburg so ruhig, 24 
billig und verständig zu beurtheilen scheint. Für mich ist dabei 
die Betrachtung entscheidend gewesen, daß Preußen in Zeit- 
läuften, wie die jetzigen, einer activen schlagfertigen Armee gar 
nicht entbehren kann, daß aber eine solche ohne ganze oder 
theilweise Mobilisirung überhaupt nicht besteht, und daß man 
daher zu dieser immerhin sehr lästigen und bedenklichen Maß- 
regel schreiten muß, wenn nicht von Haus aus auf eine rasche 
und energische Action verzichtet werden soll. Was den Umfang 
der Aufstellungen betrifft, so hätte ich mich allerdings gern mit 
etwas wenigerem begnügt, denn die Schwierigkeit, so große 
Massen unbeschäftigt unter den Waffen zu halten, wird ohne 
Zweifel noch vielfach in störender, vielleicht gefährlicher Weise 
dem Gange einer bemessenen und leidenschaftslosen Politik in 
den Weg treten. Glücklicherweise ist der Kriegsfuror in Preußen 
beinahe gänzlich erloschen und im übrigen Deutschland doch auch 
im Abnehmen begriffen, und zu diesem letzteren Resultate hat 
unsere Mobilmachung, die den guten Leuten den Ernst der Lage 
vor Augen geführt, nicht unwesentlich beigetragen. In unseren 
maßgebenden Kreisen ist besonders seit einigen Tagen gleichfalls 
eine bei weitem ruhigere und objectivere Anschauung hervor- 
getreten, und so darf man an der Hoffnung festhalten, daß 
Preußen entweder sich ganz aus diesem Kriege fernhalten oder 
es doch mindestens vermeiden werde, sich in ganz kopfloser 
Weise und unter den ungünstigsten Constellationen hineinzu- 
stürzen. Wir werden in diesen Tagen in Petersburg und 
London Mittheilungen machen, die den ersten Anstoß zu einer 
Verständigung über eine gemeinschaftliche Friedens- und Ver- 
mittelungsbasis geben sollen. Sie werden dort hoffentlich be- 
friedigen, da sie nichts präjudiziren und sich in Form und In- 
halt von der Prätension eines Ultimatums oder eines endgültigen 
und unabänderlichen Entschlusses fern halten. Es ist wichtig,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.