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1859 rungen schließen, daß die Frage, ob und wie die beiden aller-
25.9. höchsten Herrn zusammentreffen könnten, schon Gegenstand der
Erwägung und Mittheilung an Budberg gewesen ist und daß
der Kaiser auf der einen Seite die Zusammenkunft lebhaft
wünscht, während er auf der andern findet, daß sie nicht in
unmittelbarer Nähe Sr. Majestät des Königs statthaben könne,
so lange der Zustand des hohen Kranken von der Art sei, daß
jeder Zutritt auch der äußern Form nach untersagt bleibe.
Der Kaiser ist der Ansicht, daß es ebenso wie für sein eignes
Gefühl auch auf die öffentliche Meinung von peinlicher Wirkung
sein werde, wenn er sich am diesseitigen Hoflager zum Besuche
einfinde, ohne einem so nahen Verwandten wie dem Könige in
einem so schweren Leiden irgend einen unmittelbaren Beweis
der Theilnahme geben zu können.
Nach meiner Auffassung der Gefühlsweise des Kaisers kann
ich mir wohl denken, daß Budbergs Version einfach wahr ist,
daß ein etwaiges Streben, die Zusammenkunft nach Warschau
zu verlegen, keinen Antheil an seinen Aeußerungen gegen mich
hat, wenn schon er andeutete, daß das Erscheinen des Kaisers
Franz Joseph in Warschau nicht außer dem Bereiche der Mög-
lichkeit läge. Jedenfalls habe ich ihm gesagt, daß ein neuer
Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Regenten in Warschau nach
meiner persönlichen Auffassung den für uns wünschenswerthen
Eindruck in der politischen Welt verfehlen werde. Er brachte
darauf Breslau zur Sprache und fragte, ob dort wohl Truppen
genug wären, um dem Kaiser eine Revue zu geben. Ich
sagte, daß es mir des durchsichtigen Vorwandes, einige Re-
gimenter zu sehn, gar nicht zu bedürfen scheine, sondern daß
der frühere Besuch S. Königlichen Hoheit des Regenten, die
verwandschaftlichen Beziehungen und die schwebenden politischen
Fragen es gewiß vor aller Welt natürlich erscheinen ließen,
wenn der Kaiser mit seinem Durchlauchtigen Oheim zusammen-
käme. Budberg stimmte dem bei, wünschte es selbst lebhaft