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1860 ohne Ueberschätzung seiner Kräfte thun kann, um Venetien bei
25.12. Oesterreich zu erhalten, denn daß Deutschland bei der Erhaltung
dieses Oesterreichisch-Italiänischen Besitzthums nicht blos aus
Gründen militärischer Sicherheit sondern auch wegen der un-
ausbleiblichen Folgen der Lostrennung wesentlich betheiligt ist,
darüber bin ich immer weniger zweifelhaft. Die strategischen
Vortheile des berühmten Festungsvierecks sind im Interesse
Deutschlands nach dem Urtheil aller Sachverständigen durch
keine andre Combination auch nur annähernd zu ersetzen.
Außerdem ist nicht abzusehen, weshalb die italiänische Natio-
nalitätsbewegung die Oesterreichische Grenze ungestraft über-
schreiten und die deutschen respektiren sollte, da diese Landes-
theile an sich schließlich eben so entschieden Italiänisch sind
als Venetien nur irgend sein kann. Daß gegen solche Ueber-
schreitung durch Verträge, Garantien und wie sonst dergleichen
papierne Bürgschaften heißen mögen, keine irgend wie beru-
higende Gewähr geleistet werden kann, das sollte nach allem,
was sich unter unseren Augen zuträgt und nach den heillosen
Principien, zu denen selbst Großmächte sich ungescheut bekennen,
wohl jedermann einleuchten. Endlich aber, und das ist die
Hauptsache, handelt es sich um eine revolutionäre Bewegung,
die unter der Devise der Nationalität lediglich für die Firma
des kaiserlichen Frankreichs operirt und die es sich zur Aufgabe
gestellt hat, alle Deutschland feindlichen Völker und Völkerchen
in Aufruhr zu bringen, um alsdann, wenn dies Unternehmen
gelungen sein, wenn uns nach Osten hin vom Adriatischen bis
zum Baltischen Meere ein Gürtel trennender und hostiler Ele-
mente umgeben wird, am Rheine ganz gemächlich im Trüben
zu fischen. Durch die Lostrennung von Venetien wird die
Revolution nicht geschlossen werden, sondern einen neuen und
gefährlichen Durchbruch erhalten. Das sollte sich vor allen
Dingen auch Rußland gesagt sein lassen. Ihre günstigen Er-
wartungen von dem künftigen einheitlichen Königreich Italien